Der wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Stuhl seines Vaters David geben;…
Lk 1,32
Hier ist ein Link zum Kontext in der Lutherbibel 2017.
Sohn des Höchsten — Menschensohn
Jesus selbst nennt sich oft den Menschensohn. Schon während seiner Lebenszeit und mehr noch danach gibt es Fragen und Auseinandersetzungen über seine Identität — Rabbi? Prophet? Messias? König? Sohn Gottes? Inkarnation des Herrn? Da steht er — wer ist er?
Lukas trifft seine Festlegung ganz am Anfang, in einem Bericht aus der Zeit vor Jesu Geburt. Maria wird von einer Vision quasi überfallen: ein Bote Gottes besucht sie und spricht zu ihr:
Fürchte dich nicht, Maria! Du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
In ähnlich abrupter Weise waren kurz zuvor Zacharias und Elisabeth von der Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers überrascht worden. Elisabeth und Maria waren verwandt, und Lukas erzählt später, wie die beiden Frauen sich treffen.
Lukas gibt uns hier zwei Bilder: Sohn des Höchsten und König an der Stelle Davids. Das ist stimmig — die Könige Israels wurden Söhne Gottes genannt. Lukas aber führt das Bild weiter: er berichtet von einer jungfräulichen Geburt und einer Zeugung durch den Heiligen Geist. Hier wird eine Verschränkung angedeutet, die über das Symbolische weit hinausgeht. Die Sohnschaft Jesu wird in Lukas‘ Bericht von Gott selbst zweimal bestätigt: in den Erzählungen zur Taufe Jesu durch Johannes, Lk 3,22 und seiner Verklärung, Lk 9,35.
Mit der Christologie gibt es in der Theologie ein Lehrgebäude, das sich mit dem Wesen und der Natur Christi auseinandersetzt und versucht, die vielen unterschiedlichen Zuschreibungen zu integrieren. Wahrer Mensch und wahrer Gott? Manchmal bin ich froh, kein Theologe zu sein. An dieser Stelle hätte ich vielleicht mein Studium abgebrochen.
Aber der Bibelvers der Woche verlangt nicht so viel: immer nur ein Aspekt. „Gottes Sohn“ ist eigentlich vertraut. Wir alle selbst sind Kinder Gottes. In 3,23f listet Lukas den Stammbaum Jesu auf. Von Josef aus geht er über David zurück zu Adam, über 76 Generationen. Und zu Adam heißt es dann lapidar „Der war Gottes“. In besonderer Weise waren Söhne Gottes die Gesalbten, die von Gott mit einem Auftrag versehenen Könige. Und zuallererst derjenige, der das Reich Gottes in Israel und der Welt aufrichten soll, als König und Sohn Davids, Statthalter des Herrn.
Jesus teilt mit seinem Vater das Geheimnis. Und in Jesus sehen wir den Vater, in seinem Lichte sehen wir das Licht.
Ich wünsche uns eine gesegnete Woche,
Ulf von Kalckreuth