Bibelvers der Woche 08/2025

Und die Kinder Israel, die aus der Gefangenschaft waren wiedergekommen, und alle, die sich zu ihnen abgesondert hatten von der Unreinigkeit der Heiden im Lande, zu suchen den HErrn, den Gott Israels, aßen…
Esr 6,21

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Zirkuläre Zeit

…und hielten das Fest der ungesäuerten Brote sieben Tage mit Freuden; denn der Herr hatte sie fröhlich gemacht und das Herz des Königs von Assyrien zu ihnen gewandt, daß sie gestärkt würden im Werk am Hause Gottes, der der Gott Israels ist. (Vers 22, Lutherbibel 1912).

So die Fortsetzung des begonnenen Satzes. Er hat so viele Bestandteile, dass auch ein deutscher Muttersprachler leicht ins Schleudern kommen kann, aber sein Kern ist die schlichte Aussage: „Und die Kinder Israel aßen.“ Was aßen sie? Das Passamahl, das schon so lange nicht mehr regelrecht gefeiert worden war. Es gab wieder einen — notdürftigen — Tempel, es gab wieder Leviten für die Opferdienste. Das Leben Tür an Tür mit Gott hat wieder begonnen. Mit dabei waren Nichtjuden, die sich zum Gott dem Herrn bekannten, auch das sagt der Vers. Gültiges Recht: Ex 12,48 lässt die Teilnahme von beschnittenen Nichtjuden ausdrücklich zu.

Tür an Tür mit Gott: Darum geht es im Tempel. Er wurde als Seine Wohnstatt betrachtet. Und als immer größere Teile der nach Babylon verschleppten Elite wieder nach Jerusalem zurückkehrte, bauten die Juden einen neuen Tempel. 

Wie einst die Stiftshütte, welche die Kinder Israels auf ihrer Wanderung begleitete, noch in der äußersten Entfremdung, als der Herr beschloss, dass die ganze Generation derer, die aus Ägypten geflohen war, in der Wüste sterben sollten. Erst ihre Kinder würden das gelobte Land sehen. Wie einst der salomonische Tempel, den dann die Babylonier in Flammen aufgehen ließen. Wiederum äußerste Entfremdung: die Juden verloren alles, nicht nur Gott und seinen Wohnsitz, sondern auch ihre Freiheit und ihre Heimat. 

Der Vers und sein Umfeld erzählen vom Ende dieser Phase. Gott und sein Volk waren wieder zusammengekommen. Nicht dauerhaft, wieder nicht: Im Jahr 70, wiederum an einem Passafest, begann Titus seinen Angriff auf Jerusalem. Er endete mit der völligen Zerstörung des Tempels und der Zerstreuung des jüdischen Volks im römischen Reich. Flavius Josephus berichtet, dass sich wegen des Passafests während der Belagerung etwa 3 Millionen Menschen in der Stadt befanden, von denen 1,1 Millionen ums Leben kamen.

Die alte hebräische Sprache kennt keine Zeitformen, nur Aspekte: Handlungen können entweder punktförmig und faktisch sein, oder sich auf einen Zeitraum beziehen, Möglichkeitscharakter haben oder Regelmäßigkeiten beschreiben. Vergangenheit und Zukunft sind dabei keine eigenständigen Kategorien. Im alten Judentum waren sie nicht wesentlich unterschieden: In der Wahrnehmung der Menschen vollzog Zeit sich in Zyklen, die sich nicht exakt wiederholten, sondern spiralförmig verliefen. Vergangenes blieb relevant für die Zukunft, die nahe und ferne Geschichte des Volks hat stets Bedeutung auch für das Leben des Einzelnen. 

Hier also, mit unserem Vers, treffen Gott und sein Volk sich wieder, und eine glückliche Phase der jüdischen Geschichte setzt ein. Wie die Bewegung eines Pendels, der Schlag eines gigantischen Herzens. Diese Bewegung, hin und her, bestimmt die ganze Bibel, bis hin zu den letzten Kapiteln der Offenbarung. Wer oder was treibt das Pendel? Wann kommt es zur Ruhe?

Der Herr sei mit uns in dieser Woche,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 07/2025

Und ich hörte eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.
Offb 14,13

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Seligkeit — und Tantiemen

Ein wenig ist dies wie ein Echo, eine Antwort auf den Vers der letzten Woche. Dort war von der Strafe Gottes die Rede, wobei nicht völlig klar ist, ob sie in diesem Leben trifft oder danach. Im Vers dieser Woche geht es eindeutig ums Jenseits, genauer: um das Leben nach dem Tod, denn ein Jenseits nach heutigem Verständnis kennt das Neue Testament gar nicht. Gott macht die Welt neu, mit allem, was darinnen ist. Ausbuchstabiert wird dies in den letzten vier Kapiteln der Offenbarung. Im Text vorher geht es um den Untergang der alten Welt, und nur gelegentlich blitzt Hoffnung und Heilsankündigung auf, so wie hier in diesem Vers. 

Der gezogene Vers steht unverbunden inmitten einer Passage, die von der Heraufkunft des Gerichts handelt: drei Engel kündigen es an, und dann geschieht es: die Sichel wird angesetzt und die Kelter getreten. Die Bilder sind durchaus verstörend, wenn man sie an sich heranlässt. 

Über die Seligkeit wird im Vers sehr konkret gesprochen. Die Seligen ruhen — sie müssen nicht mehr arbeiten, denn das, was sie getan haben, folgt ihnen nach, als sei es lebendig. Es steht für sie, die Werke verrichten gewissermaßen die Arbeit der Seligen. Mir fällt ein Vergleich ein: Erfolgreiche Musiker und Autoren können von den Tantiemen ihrer Werke leben. Diese generieren Einkommen für die Künstler, gerade so als stünden die Stars noch auf der Bühne, als hielten sie noch Lesungen. 

Wie mögen sie wohl klingen, die Lieder, die Gedichte, die dies im Reich Gottes vermögen? Können wir sie hören?

Der Herr sei mit uns in dieser Woche,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 06/2025

Wie viel, meint ihr, ärgere Strafe wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Testaments unrein achtet, durch welches er geheiligt ist, und den Geist der Gnade schmäht?
Heb 10,29

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Strafe Gottes

Unser Vers steht im Hebräerbrief und bereitet auf einen Abschnitt vor, der den Wert des Glaubens thematisiert. Ich stelle zunächst den umgebenden Text im Zusammenhang vor (28-31)

Wenn jemand das Gesetz des Mose bricht, muss er sterben ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin. Eine wie viel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht? Denn wir kennen den, der gesagt hat »Die Rache ist mein, ich will vergelten«, und wiederum: »Der Herr wird sein Volk richten.« Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

Hier wird die Strafe benannt, die den trifft, der vom Glauben abfällt. Der Brief geht an eine Gemeinde, die auf dem Weg ist, zur Gesetzlichkeit des Judentums zurückzukehren und dabei Jesus Christus zu verlieren — so jedenfalls sieht es der unbekannte Verfasser.

In der jetzt vergangenen Woche war ich im Kino und habe „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ gesehen. Ein Film, der heimlich im Iran gedreht und nach der Flucht des Filmteams in Deutschland fertiggestellt wurde. Es zeigt, wie eine Familie zerbricht unter dem Druck, alles richtig machen zu müssen, alle Forderungen zu erfüllen. Am Ende stehen sich in einer Geisterstadt Vater und Tochter gegenüber, mit Pistolen in den Händen, und ein Schuss setzt der unerträglichen Spannung ein Ende. Es geht im Film nicht nur um Menschen und das Regime, es geht auch um den strafenden Gott — schrecklich ist’s, in die Hände es lebendigen Gottes zu fallen. Solche Worte fallen mehrfach.

Warum wird Abkehr vom Glauben bestraft?

Johannes sagt, dass wir im Glauben mit Jesus Christus eins werden und diese Einheit uns befähigt, wie er den Tod zu besiegen und zum Vater zu kommen. Jemand der diesen Weg ablehnt, und einen anderen Weg geht, muß ihn eben auch gehen.

Aber das ist nicht wirklich Strafe, es hat eher etwas kausal-mechanisches. Man kann nicht die Rettung ablehnen und ihrer dennoch teilhaftig werden. Wer sich mit Steinen beschwert in den See wirft, muß die Kleider ablegen, sonst stirbt er. 

Der Text aber spricht klar von Strafe. Welchen Sinn hat Strafe? Sie kann den Bestraften an die Norm erinnern und darauf hinwirken, dass sie eingehalten wird. Oder sie kann diese Wirkung bei anderen entfalten. Eine Strafe in der anderen Welt kann nichts dergleichen bewirken. Wenn unser Hund sich daneben benimmt und eine Stunde später schilt ihn jemand, ist das völlig sinnlos, Das versuche ich der Familie zu erklären — der Hund hat die Begebenheit vergessen und weiss nicht, was los ist. 

Ich kann mir einen liebenden Gott vorstellen, der nicht jeden retten kann. Aber einen liebenden Gott, der straft, wenn und wo es sinnlos geworden ist? Nicht aus Jähzorn, sondern aus Prinzip? Aus Gerechtigkeit? Wollen wir das vielleicht gerne so? In den Psalmen ist die Aussicht auf Bestrafung der Gottlosen, Frevler, Feinde oft kaum zu unterscheiden von der Hoffnung auf Erlösung.

Trägt Abkehr vom Glauben die Strafe in sich? Unter welchen Umständen?

Ich denke, Glauben bedeutet in erster Linie Vertrauen. Tröstend ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Aufgehoben zu sein.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 05/2025

Und soll nehmen das Zedernholz, die scharlachfarbene Wolle, den Isop und den lebendigen Vogel, und in des geschlachteten Vogels Blut und in das frische Wasser tauchen, und das Haus siebenmal besprengen.
Lev 14,51

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Krankes Haus

Worum mag es hier gehen? Ein Opfer spielt eine Rolle, als Teil eines offenbar komplexen Ritus, und am Ende wird ein Haus besprengt? 

Es geht um die kultische Reinigung von etwas, das es nicht gibt, jedenfalls nicht in Palästina: dem Aussatz von Häusern. Unser Vers kommt aus einem Text in Leviticus, der sich anschließt an die detaillierten Regeln für den Aussatz bei Menschen. Letztere hatten im Alltag der Hebräer durchaus ihre Bedeutung, wie sich noch den Evangelien entnehmen lässt. Dagegen wird nicht recht deutlich, was mit dem „Aussatz von Häusern“ überhaupt gemeint ist —  der Hausschwamm, den wir in Mitteleuropa so gut kennen, ist es jedenfalls nicht, der Pilz braucht feuchte Luft bei konstanten, niedrigen Temperaturen. Kein Hausschwamm überlebt einen Sommer in Judäa. 

Vor einiger Zeit hatte ich schon einmal einen Vers aus diesem Abschnitt gezogen und mir dann Gedanken dazu gemacht, was es mit dem Aussatz von Häusern auf sich haben könnte —  ich glaube, die Betrachtung ist gut gelungen und ich würde an dieser Stelle gern darauf verweisen, siehe den BdW 48/2021

Kurz gesagt: es geht hier nicht um etwas, dass sich beobachten lässt — der Aussatz von Häusern steht vielmehr gleichnishaft für Verfall und Korruption dessen, was uns umgibt und schützt. Auch vom Aussatz von Kleidern ist im Text die Rede. Die Torah spricht nie abstrakt. Wenn Regeln von etwas Bekanntem auf etwas Unbekanntes übertragen werden, geschieht das per Analogie. Aussatz ist das Gegenteil von Reinheit, Aussatz steht für das, was uns von der Gemeinschaft trennt, Und dabei sollen wir nicht nur auf unseren Körper schauen. 

An dieser Stelle könnte man ausführlich über die Grundlagen unseres Miteinander nachdenken. Ich will mich hier auf Andeutungen beschränken. Was ist „Haus“? Sprache fällt mir ein und auch die Art, sie einzusetzen, die Beziehungen innerhalb der Familie und unter Freunden, wie wir lieben und uns entlieben, Erotik und Sexualität, aber natürlich auch die Art, wie wir unseren Lebensunterhalt sicherstellen. Man mag auch an die Umwelt denken, das gemeinsamen Haus aller Menschen. 

Das alles kann krank werden und darauf müssen wir achthaben. Und der Opfervogel sollte dabei ruhig weiterleben dürfen…

Der Herr helfe uns zu Achtsamkeit mit den Grundlagen unseres Lebens,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 04/2025

Denn siehe, ich will die Chaldäer erwecken, ein bitteres und schnelles Volk, welches ziehen wird, soweit die Erde ist, Wohnungen einzunehmen, die nicht sein sind,
Hab 1,6

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Mit alledem machen sie ihre Kraft zu ihrem Gott…

Das ist, wonach es klingt — eine Ankündigung des Untergangs. Im Jahr 625 v. Chr. gründete Nabopolassar das Neubabylonische Reich. Er löste das Babylonier aus der drückenden Hegemonie der Assyrer, die sich das große alte Volk ebenso wie alle anderen Völker in einem Umkreis von mehreren Tausend Kilometern dienstbar gemacht hatten. Und drehte dann den Spieß um, indem er das riesige assyrische Imperium einfach übernahm. 

Rund 30 Jahre später steht die Armee seines Sohnes Nebukadnezar vor Jerusalem und erobert die Hauptstadt des unbotmäßigen Vasallen. Und zehn Jahre später noch einmal. Diesmal wird tabula rasa gemacht — der Tempel vernichtet, die Stadtmauer geschleift, die Elite der Stadt verschleppt. Die Geschichte Jerusalems ist zu Ende, sie beginnt erst viel später wieder neu. 

Das alles also sagt der Prophet genau voraus — ‚Chaldäer‘ ist ein anderes Wort für Babylonier. War es so? Alttestamentler datieren die Urfassung der Schrift auf etwa 630 v. Chr. Dann hätte Habakuk von der Revolte der Babylonier 2000 Kilometer nördlich gewusst, noch bevor sie stattgefunden hat. Man denkt, dass die Prophetie ursprünglich weniger spezifisch gewesen war  und später redigiert und auf die babylonischen Feinde ausgerichtet wurde. In der Tat wollen die Bilder des wilden Reitvolks bei Habakuk nicht recht auf die streng geordneten Streitkräfte der Babylonier passen. 

Was sehen wir dann? Einen Mann, der mit allen Fasern von Geist und Körper spürt, dass eine Epoche, seine Zeit, zu Ende geht. Und auch, woher die Gefahr kommt; dass sich im Norden etwas zusammenbraut, das so gewaltig ist, dass es alles unter sich begraben wird. Das nimmt Habakuk wahr und er schreibt es auf. Er sieht Gott am Werk und weiß dabei, dass in Gott auch Trost ist. 

Das kann ich nachfühlen, und zwar besser als mir lieb ist. Etwa 2000 Kilometer östlich meiner Stadt lebt ein grausamer Diktator, der einen grausamen Krieg gegen ein ausgeblutetes Nachbarvolk führt. Am Montag kommt in einem anderen Land weit westlich meiner Stadt ein alter Präsident neu an die Macht, der seine schwächeren Nachbarn schon jetzt mit Kriegs- und Annexionsdrohungen überzieht. Und der grausame Diktator im Osten wäre so gern der beste Freund des alten neuen Präsidenten im Westen. Weil dann vieles leichter wäre. Vielleicht klappt es? Vielleicht ist er uns dann bald näher. Eine Wahl gibt es in meinem Land, und irgendwie kandidieren auch sie, der grausame Diktator und der alte neue Präsident… 

Grausam und schrecklich ist es [das Volk]; es gebietet und zwingt, wie es will. 
Ihre Rosse sind schneller als die Panther und bissiger als die Wölfe am Abend. 
Ihre Reiter fliegen in großen Scharen von ferne daher, wie die Adler eilen zum Fraß. 
Sie kommen allesamt, um Schaden zu tun; 
wo sie hinwollen, stürmen sie vorwärts und raffen Gefangene zusammen wie Sand. 
Sie spotten der Könige, und der Fürsten lachen sie. 
Alle Festungen werden ihnen ein Scherz sein; denn sie schütten Erde auf und erobern sie. 
Alsdann brausen sie dahin wie ein Sturm und jagen weiter; 
mit alledem machen sie ihre Kraft zu ihrem Gott.

So schreibt Habakuk (1,7-11). Gottes Schutz sei mit uns und seine Kraft sei bei uns in den Jahren, die vor uns liegen.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 03/2025

Meinst du wegen deiner Gottesfurcht strafe er dich und gehe mit dir ins Gericht?
Hiob 22,4

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Eine entscheidende Frage

Das Buch Hiob ist vieles: Auseinandersetzung des Menschen mit Gott, seiner Macht und der hellen wie dunklen Seiten seines Wesens, Klage über die Bedingtheiten unseres Lebens, über Leid und Tod, Lehrerzählung, Gedicht, Gebet. Aber auch intellektuelle Auseinandersetzung, ausformulierte Lehrgespräche, die im Talmud oder einer Jeschiwa ihren Platz haben könnten. 

Das ganze Buch ist eigentlich ein Gespräch, es setzt ein mit einer Auseinandersetzung Gottes mit dem Teufel über das Wesen der Gottesfurcht — ist sie Ausfluss und Ergebnis Gottes gütiger Sorge und Bewahrung der Seinen? Macht Gott sich die Gottesfurcht dann nicht eigentlich selbst? Was wäre sie dann wert? Oder ist sie etwas eigenständiges? Gibt es Gottesfurcht auch im Unglück? Wo ist Ursache, wo ist Wirkung? Gott und der Teufel einigen sich auf ein wissenschaftlich sauberes Experiment: ein perfekt gottesfürchtiger Mensch, der in seinem Leben alles hatte, wird dem Teufel ausgeliefert, der ihm alles nimmt bis auf sein nacktes Leben — was geschieht mit seiner Gottesfurcht? 

Hiob liegt im Staub, seine Existenz ist völlig vernichtet. Sein Leben hat er gottesfürchtig gelebt, er weiss es, Gott und der Teufel wissen es auch, aber die Freunde, die ihn besuchen und mit denen er nun über sein Schicksal spricht, wissen es nicht. 

Der Vers, den wir gezogen haben, wird gesprochen von Elifas, einem der drei Freunde. Er hat eine Theorie über den Zusammenhang von Wohlergehen und Gottesfurcht. Es ist nicht die These, über die Gott und der Teufel debattieren, sondern die traditionelle Vorstellung vom Tun-Ergehens-Zusammenhang, die so wichtig ist für jüdisch-christliche Ethik, siehe den BdW 50/2021. Gott belohnt gutes Verhalten und bestraft Vergehen. Der Satz ist gewichtig: Elifas hat die ganze Torah und die Psalmen auf seiner Seite. Wenn dem aber so ist — wie kann Hiob dann behaupten, gottesfürchtig gelebt zu haben? Ist sein Schicksal dann nicht Beweis genug, dass es nicht so war? Würde Gott ihn bestrafen wegen seiner Gottesfurcht?  Elifas wird hier ironisch.

Aber ironischerweise ist es genau so — mit einem Sünder und Frevler hätten Gott und der Teufel ihr Experiment nicht machen können. Im Anschluß zählt Elifas Vergehen auf, denen Hiob sich schuldig gemacht haben könnte. Hinter diesen imaginierten Übertretungen steht eine fortgeschrittene Ethik — was Elifas aufzählt, sind keine Verstöße gegen den Wortlaut der Torah, sondern gegen ihren Geist. Elifas vermutet, Hiob könnte eigensüchtig, berechnend und kalt gegenüber seinen Mitmenschen gewesen sein, seine Macht genutzt haben, um sie auszuplündern.  Im konkreten Fall haben die Vorwürfe keinerleiGrundlage, aber immerhin: Elifas sagt an dieser Stelle genau, worum es eigentlich geht bei der Gottesfurcht, oder worum es gehen sollte. 

Aber dann: stellen Sie sich das vor. Sie liegen im Dreck und ihr Freund, der an Ihrem Bett sitzt, phantasiert darüber, wie Sie selbst an allem schuld sind mit Ihrem widerwärtigen Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Sie müssen ein schlechter und verabscheuungswürdiger Mensch sein, denn sonst ginge es Ihnen gut und Gott wäre Ihnen gnädig. 

Das wirkt etwas absurd. Schaut man genau hin, bohrt Elifas mit untauglichen Mitteln ein dickes Brett. Wenn Gott gut ist und gerecht und mächtig, wenn er sich interessiert für unser Leben und unser Schicksal — wie können Menschen unverschuldet leiden und zugrunde gehen?

Das Buch Hiob stellt diese Frage in aller Schärfe und lotet den Raum für die Antwort sorgfältig aus. Aber auf eine bestimmte Antwort legt die Schrift sich nicht fest. Das Wesen des menschlichen Leids bleibt im Dunkeln, fast wie das Wesen Gottes selbst. In Jesus Christus begegnen sie sich beide und werden eins.  

Haben Sie eine Antwort auf die Frage? 

Eine definitive und allgemein gültige Antwort gibt es in meinen Augen nicht. Ich habe den Text und die Frage ChatGPT vorgelegt. Was zurückkam, war erstaunlich. Wertvoll wird die Antwort für uns nur, wenn und soweit sie die eigene ist.

Ich wünsche uns eine gute und gesegnete Woche unter Gottes Schutz,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 02/2025

Es sollen nicht mehr dasein Kinder, die nur etliche Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen; sondern die Knaben sollen hundert Jahre alt sterben und die Sünder hundert Jahre alt verflucht werden.
Jes 65,20

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Ein neuer Himmel, eine neue Erde…!

Ich freue mich über diesen Vers. Um ihn verständlich zu machen, muss ich eigentlich nur den Kontext zeigen. Der Vers ist aus Jesaja 65, dem vorletzten Kapitel der großen Prophetie. Dort und im darauf folgenden Kapitel sehen wir Jesajas Vision von der Endzeit, die in den Schlusskapiteln der Offenbarung ihre fast nahtlose Ergänzung findet.  

Dies ist der Text, in den unser Vers eingebettet ist, Jes 65, 17-25. Lesen Sie ihn einfach, er kann Sie glücklich machen: 

Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen. Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.

Anzumerken ist vielleicht, dass die sonderbare Wendung „… und die Sünder hundert Jahre alt verflucht werden“ durchaus dem hebräischen Wortlaut entspricht. Dies ist die Übersetzung von 1912. Die neuen großen Bibelübersetzungen interpretieren hier, dass als verfluchter Sünder gilt, wer keine hundert Jahre erreicht.

Ein neuer Himmel, eine neue Erde… Man soll nicht mehr hören die Stimme des Weinens… Sie sind das Geschlecht der Gesegneten des Herrn, und ihre Nachkommen sind bei ihnen… Und sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berg… So soll es sein! 

Vor der neuen Welt aber steht der Untergang der alten — das ist bei Jesaja ebenso wie in der Offenbarung. Das mag man sich durchaus traumatisch vorstellen. Grund genug, einander nochmals ein gutes und gesegnetes neues Jahr zu wünschen!  
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 01/2025

…nach der Vorsehung Gottes, des Vaters, durch die Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden!
1 Petr 1,2

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Ein Neujahrsgruß von Petrus

Dies ist der Vers für die erste Woche des neuen Jahres, die auch die letzten Tage des alten noch enthält, und so freue ich mich sehr, dass es ein Gruß und Segenswunsch ist! 

Hier der Vers im Kontext mit dem Beginn des Satzes, er steht ganz am Anfang des Petrusbriefs (V1+2 in der Übersetzung von 1984): 

Petrus, ein Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge, die verstreut wohnen in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien, die Gott, der Vater, ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden!

Petrus richtet diesen Brief an eine offene Mehrzahl nichtjüdischer Christen im östlichen Mittelmeerraum. Ausgangspunkt und Leitmotiv ist die Erwartung des nahen Endes der Welt, wie wir sie kennen. Petrus gibt keine konkrete Weisung, der Brief wirbt vielmehr für eine der Endzeit angemessene Haltung: Bescheidenheit, Pflichterfüllung, Demut, Gehorsam, Geduld, Liebe und freudige Erwartung.

Der Vers enthält die schwierige Vokabel „Blut“. Jemanden oder etwas mit Blut besprengen (Link) gehört als symbolische Handlung zu den jüdischen Opferriten vor der Zerstörung des Tempels. Besprengung ist verknüpft mit Reinigung und Heiligung, der Darbringung von Opfern und der Bestätigung eines Bundes. Alle diese Funktionen sind hier angesprochen: Jesu Opfertod, sagt Petrus, reinigt und heiligt seine Nachfolger und er richtet den Bund zwischen Gott und den Menschen neu auf. Die von Gott ausersehenen, mit dem Blut Jesu besprengten Angesprochenen stehen in einer heiligen Gemeinschaft: untereinander und mit Gott.

Viel Holz für einen Halbsatz…

Wie am Anfang, so steht auch am Schluß des Briefs ein Friedensgruß: Grüßt euch untereinander mit dem Kuss der Liebe. Friede sei mit euch allen, die ihr in Christus seid.

So sei es! Ich wünsche uns allen ein frohes neues Jahr in Gottes Segen,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 52/2024

Wo aber ihr Mann ihr wehrt des Tages, wenn er’s hört, so ist ihr Gelübde los, das sie auf sich hat, und das Verbündnis, das ihr aus den Lippen entfahren ist über ihre Seele; und der HErr wird ihr gnädig sein.
Num 30,9

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Was man versprochen hat…

… muß man halten. Aber Prinzipien offenbaren ihr Wesen in Grenzfällen. 

Im Alten Orient hatte der Ehemann Rechte, die in mancher Hinsicht eigentumsähnlichen Charakter hatten. Die Ehefrau war keine Sklavin, sie war aber mitnichten frei. Wie geht die Torah mit den religiösen Bindungen um, die die Frau eingehen will? 

Gelübde erachtet die Torah als heilig, sie sind zu befolgen. Das steht vor der Klammer und im gezogenen Abschnitt gleich zu Beginn (V3):

Wenn jemand dem HERRN ein Gelübde tut oder einen Eid schwört, dass er sich zu etwas verpflichten will, so soll er sein Wort nicht brechen, sondern alles tun, wie es über seine Lippen gegangen ist.

Das gilt auch für das Gelübde einer Frau — im Prinzip. Im Vers geht es um den Fall, dass eine Frau vor der Eheschließung ein Gelübde ablegt, von dem der Bräutigam nichts weiss. Die Frau könnte vor der Eheschließung etwa gelobt haben, unbefleckt und kinderlos ihr Leben Gott zu weihen. 

Ein Blick ins BGB lohnt. Eine „Dienstbarkeit'“ ist im Sachenrecht ein dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Steht etwa jemand anderem als dem Eigentümer eines Felds ein Teil der Ernte zu, ist das ebenso eine Dienstbarkeit wie ein Wegerecht, das dem Nachbar das Recht einräumt, das Feld zu durchqueren. Bei Grundstücken müssen Dienstbarkeiten ins Grundbuch eingetragen werden. Dies schafft Rechtssicherheit, und ein möglicher Käufer kann Kenntnis erhalten. Kauft er dennoch, betrifft die Dienstbarkeit ihn genauso wie den früheren Eigentümer.

Für Menschen gibt es keine Grundbücher. Der Mann hat eine Frau geheiratet, die vorher ein Gelübde abgelegt hat. Nach der Eheschließung steht sein Recht gegen das Recht Gottes. Die Torah wählt eine Lösung, die das Recht Gottes bekräftigt, ohne das Recht des Mannes aufzuheben. An dem Tag, an dem er Kenntnis von dem Gelübde erlangt, kann der Mann sich dagegen verwahren. In diesem Fall hat es weiter keine bindende Wirkung und Gott wird der Frau gnädig sein. Legt er sein Veto aber nicht noch am selben Tag ein, so ist das Gelübde gültig und bindend — für beide. 

Wird sie aber eines Mannes Frau und liegt noch ein Gelübde auf ihr oder hat sie unbedacht etwas versprochen, durch das sie sich gebunden hat, und ihr Mann hört es und schweigt dazu an demselben Tage, so gilt ihr Gelübde und ihre Verpflichtung, die sie sich auferlegt hat (V7+8).

Die Frau kann sich Gott gegenüber durchaus verpflichten, auch wenn dies die Interessen des Mannes empfindlich tangiert. Hätte sie Kinderlosigkeit gelobt und der Mann legte nicht bis zum Sonnenuntergang desselben Tags Einspruch ein — das Gelübde wäre Gesetz. Genauso geregelt sind Gelöbnisse, die eine Frau in einer bereits bestehenden Ehe ablegt und solche, die eine unverheiratete Frau im Hause ihres Vaters tätigt. 

Die Einschränkung, die unser Vers macht, ist asymmetrisch, der Frau steht kein vergleichbares Vetorecht zu. Aber mehr als eine Notbremse ist das Einspruchsrecht des Mannes nicht. Was wäre darauf die feministische Sicht? Manifestiert sich hier das orientalische Patriarchat besonders deutlich? Die Frau ist Objekt und die beiden Männer, Patriarch und Vatergott, grenzen ihre Sphären ab? Oder scheinen gerade hier die Grenzen des Patriarchats auf? Welchen Stellenwert hat die Freiheit, sich zu binden? Sollte es Gelübde vielleicht gar nicht geben, weil sie die Selbstbestimmung der Frau einschränken? Oder ist Freiheit nicht gerade auch die Freiheit, seine Pflichten selbst zu wählen?

Ich wünsche uns allen einen gesegneten vierten Advent und ein frohes Weihnachtsfest in Gottes reichem Segen! 
Ulf von Kalckreuth

Bibvelvers der Woche 51/2024

…und sah Ephraims Kinder bis ins dritte Glied. Auch wurden dem Machir, Manasses Sohn, Kinder geboren auf den Schoß Josephs.
Gen 50,23

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Pluribus ex unum

Ich muß Sie heute um etwas Geduld bitten — von den Vätergeschichten geht es über die Stämme zu einer Wahrheit, die uns alle angeht. 

Wir haben hier einen der letzten Verse des Buchs Genesis. Josef wird in Ägypten hundertzehn Jahre alt, reich und mächtig. Seine Familie ist wiedervereint. Unser Vers folgt unmittelbar auf die Segenswünsche und Schutzzusagen an seine Brüder. Joseph hat zwei Söhne, Ephraim und Manasse. Im Vers wird außerdem Machir genannt, ein Sohn Manasses. 

Der Bibel ist sehr wichtig, dass sich die Stämme Israels auf einen gemeinsamen Vater zurückführen lassen — Jakob. Ihm wurde von Gott der Beiname Israel verliehen. Die Zahl zwölf steht für Vollkommenheit. Zwölf Söhne, zwölf Stämme, im Grunde aber eins. Pluribus ex unum — viele aus einem.

In der editorischen Durchführung ist das gar nicht so einfach. Es gab zwölf Stammesterritorien, ja. Aber es gab auch die landlosen Leviten, eine Kaste von Tempeldienern, die sich als eigenen Stamm verstanden und ebenfalls auf Jakob zurückführten. Also führt man zwei der Territorien — Manasse und Ephraim — auf Joseph zurück, einen der Söhne Jakobs. Also: zwölf Territorien, zwölf Söhne, davon einer auf ewige Zeiten landlos, und ein anderer mit zwei Söhnen begabt, die ihrerseits  Stammväter eigener Stämme wurden.  

Stimmt jetzt alles? Nein, da ist noch Machir. Machir wird in dem sehr alten Deborahlied (Ri 5) als eigenständiger Stamm genannt. In unserem Vers ist Machir als Person Sohn Manasses. Er ist „auf dem Schoß Josephs“ geboren, wird also als Kind Josephs angesehen. Betrachtet man die Siedlungskarte Israels, so sieht man, dass der Stamm Manasse ungefähr zu gleichen Teilen östlich und westlich des Jordan siedelt. Die östliche Hälfte wird auch Machir genannt. In den Erzählungen zur Landnahme wird diese östliche Hälfte früher erobert als die westliche, nämlich noch von Mose selbst, vor Josuas Invasion im Kernland Kanaans. Der „halbe Stamm Manasse“ ließ, so wird erzählt, Frauen und Kinder im eroberten Land, während die Männer sich dem übrigen Heerhaufen Israels anschlossen und den Stammesbrüdern bei der weiteren Landnahme halfen. 

Online-today CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons — Link

Es gibt in der Forschung die Vorstellung, dass Machir und Manasse in alter Zeit zwei separate Stämme waren und Manasse den östlichen Nachbarn mit Expansion und Durchdringung in sich aufnahm. Unser Vers reflektiert dies in recht eigentümlicher und bezeichnender Weise. Machir ist Sohn Manasses, aber doch irgendwie auch sein Bruder. 

Vor genau vier Jahren, zum dritten Advent, hatten wir einen Vers, der an Simeon erinnert. In der Karte oben ist er als Enklave zu sehen. Auch dieser Stamm verschwand mit der Zeit, er ging in Juda auf, siehe Vers 51/2020.

Aber immer blieben es zwölf. Wir sehen hier etwas Bedeutungsvolles, wie ich finde. Es gibt eine Wirklichkeit, die ständig neue Formen annimmt, und daneben und darüber die Vorstellung, dass hinter diesem Wandel unveränderliche Urgründe stehen — ewig gleich, projiziert in eine Zeit, als die Territorien mit ihren vielen Menschen einzelnen Personen entsprachen. Das hat etwas mit dem Wesen von Glauben an sich zu tun. Ist die Botschaft falsch, wenn die Geschichte, mit der sie transportiert wird, nicht den geschichtlichen Realitäten entspricht? 

Pluribus ex unum — in unserer Vielfalt sind wir eins!

Ich wünsche uns allen einen gesegneten dritten Advent, 
Ulf von Kalckreuth