Bibelvers der Woche 48/2022

Und stärkten also das Königreich Juda und befestigten Rehabeam, den Sohn Salomos, drei Jahre lang; denn sie wandelten in den Wegen Davids und Salomos drei Jahre.
2 Chr 11,17

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Gottesfurcht als Staatskunst?

Drei Jahre lang war alles gut!

Immer wenn sich die Könige Judas abwenden vom Herrn, geht es bergab mit ihnen und dem Reich. Zuwendung und Treue hingegen werden belohnt, meist unmittelbar. Das ist die Kernbotschaft des zweiten Buchs der Chronik. Der Darstellung nach ist der Zusammenhang fast naturgesetzlich, Er erklärt die große Katastrophe in der jüdischen Geschichte, die Vernichtung des Reichs Juda, der Hauptstadt Jerusalem und des Tempels, die Wegführung der Bevölkerung.

Schon ganz zu Beginn der Geschichte des Südreichs scheint der Zusammenhang mit Händen zu greifen. Da folgt ein König drei Jahre lang dem Herrn und ist erfolgreich. Er verlässt die Wege des Herrn und schnell gerät das Land an den Rand der Katastrophe. 

Rehabeam hatte einen denkbar schlechten Start. Nach dem Tod Salomos war er designierter Nachfolger auf dem Thron des israelitischen Gesamtreichs. Die Nordstämme baten — recht höflich, wie ich finde — um eine Verminderung der Last, die nur sie allein tragen mussten. Das große Juda hatte unter Salomo keine Abgaben zu leisten, siehe den BdW 43/2022. Rehabeam, schlecht beraten von jugendlichen Altersgenossen, antwortete harsch und unnachgiebig. Zehn Stämme verweigerten daraufhin die Gefolgschaft. Rehabeam blieb König nur über Juda. Im weitaus größeren Nordteil des salomonischen Reichs etablierte sich Jerobeam als König. Von da an herrschte ständig Krieg. 

Und doch läuft es zunächst gut. Der König des Nordreichs nämlich führte ausländische Kulte ein und vertrieb die Leviten aus seinem Land, die Priester des Herrn. Sie gingen nach Jerusalem. Dieser Migrationswelle schlossen sich andere Teile der Elite des Nordreichs an, die mit den neuen Götzen und dem veränderten Wind im Land nichts anfangen konnten. Der Zustrom half dem jungen Südreich bei der nationalen Konsolidierung. Drei Jahre lang. Dann, so wird weiter berichtet, wendet sich auch Rehabeam neuen Einflüssen zu, und prompt kommt mit Pharao Schischeck eine schreckliche Bedrohung aus Ägypten. Rehabeam bereut und demütigt sich vor Gott. Die Vernichtung der Hauptstadt kann abgewendet werden. 

Soweit der Vers und seine Botschaft. Ist es so? Meiner eigenen Lebenserfahrung entspricht es nicht: Abwendung von Gott bedeutet in der Welt, die ich kenne, durchaus kein sofortiges Scheitern, ebensowenig, wie die Hinwendung zu Gott Erfolg und Reichtum programmiert. Die Psalmen wissen das und beklagen vielfach, dass es der Gottlose sei, der auf der reich gedeckten Seite des Tischs sitzt, vorübergehend jedenfalls. Wenn der Zusammenhang so einfach und mechanisch wäre — wie könnte ein machtfokussierter König von Juda oder ein statusorientierter Manager unserer Zeit je die Wege des Herrn mißachten? Das hätte sich in interessierten Kreisen herumgesprochen, und die Zehn Gebote und ausgewählte Psalmen stünden in den Eingangskapiteln jedes Karriereleitfadens…! 

Nein, so ist es nicht. Es ist anders, und wirklich ausbuchstabieren kann ich es hier nicht. Hinwendung zu Gott bedeutet die Bereitschaft, Sinn zu erkennen und dankbar zu sein. Das Leben als Geschenk zu begreifen befähigt uns, die in den verworrenen Pfaden dieses Lebens verborgenen Chancen zu sehen. Dazu bekommen wir den Mut, diese Chancen zu ergreifen und auch Stehvermögen, wenn es zunächst nicht klappt. Das ist eine Erfahrung, die ich tatsächlich gemacht habe. Gebet hilft, zu sehen, worauf es ankommt, und richtet unsere Aufmerksamkeit auf Wunder oder ihre Keime — auf Außerordentliches also, das mit den Regeln, die wir zu kennen meinen, nichts zu tun hat. Das macht uns stark, und auf lange Sicht auch erfolgreich. 

Aber es geschieht dies in einer Weise, die wir nicht kontrollieren. Es ist das Gegenteil einer abrufbaren Mechanik — es ist offen. Unverfügbar.

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche auf dem unbekannten Weg mit Gott,
Ulf von Kalckreuth

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert