Bibelvers der Woche 18/2022

So schwöre mir nun bei Gott, dass du mir und meinen Kindern und meinen Enkeln keine Untreue erzeigen wollest, sondern die Barmherzigkeit, die ich an dir getan habe, an mir auch tust und an dem Lande, darin du ein Fremdling bist.
Gen 21,23

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

So wahr mir Gott helfe…

Im Bibelvers dieser Woche werden wir Zeugen, wie Abraham, der Stammvater des jüdischen Volks, einen Treueeid leistet, und zwar — man muss es zweimal lesen — einem Philisterkönig: Abimelech, dem König von Gerar. Die Bibel lässt uns dies tatsächlich zweimal lesen. Die Geschichte wird nämlich auch von Isaak erzählt, in Gen 26,26ff: derselbe Ort, derselbe König, derselbe Streit um Wasserquellen. 

In Gen 26 wird mehr über die Hintergründe erzählt. Abimeleches Knechte machen den halbnomadisch wirtschaftenden Einwanderern das Wasser streitig, das diese für ihr Vieh brauchen. Beerscheba, wo sich Abraham und Isaak niederlassen, liegt in der Wüste Negev, und Wasser ist die kostbarste Ressource dort. Der Widerstand der Eingesessenen gegen die Konkurrenz von aussen ist daher nicht erstaunlich. 

Abraham und Isaak gehen anders damit um, als es das Muster der Landnahmeerzählungen nahelegt. Sie fügen sich in die bestehenden Kräfteverhältnisse und bekunden dem lokalen Herrscher ihre Loyalität, gegen ein Schutzversprechen. Sie werden Gefolgsleute von Abimelech und erhalten Beerscheba und sein Wasser als Lehen. Beerscheba heisst daher „Schwurbrunnen“.

Unser Vers enthält den Wortlaut des Treueeids. Er ist bemerkenswert, lesen Sie ihn noch einmal. Es geht um Loyalität, aber nicht nur dem König und seinen Nachfahren gegenüber, sondern auch dem Land. Und es geht um Gegenseitigkeit. Es wird nicht bedingungslose Gefolgschaft gefordert, sondern „chesed“: Barmherzigkeit, oder besser: Wohlwollen, Zugewandtheit. 

In diesem Schwur liegt ein Skandal. In den Geschichtserzählungen der Bücher Samuel und Könige sind die Philister in ihren an der Küste gelegenen Städten schlicht die Erzfeinde. Ihr Land war den Israeliten als Erbe versprochen, doch konnten sie es nicht einnehmen. Im Gegenteil: die Philister brachten die Juda immer wieder in existenzielle Bedrängnis — zur Erinnerung: Goliath war Philister. Die Geschichte passt jedoch zu anderen Erzvätergeschichten, die von einer Koexistenz mit der lokalen Bevölkerung berichten: Abrahams Bündnis mit den bedrängten Fürsten in Gen 14, BdW 22/2019, die Ehrung des Priesters von Salem, BdW 8/2019, und der Erwerb des Erbbegräbnisses von den Hethitern in Gen 23. 

Mir fällt dazu auch Jeremias Appell an die gewaltsam nach Babylon verschleppte jüdische Gemeinde ein : „Suchet der Stadt Bestes!“ Eigentlich ist das fast absurd, und Jeremia weiss es. Wo immer aber wir sind, kann man hier lesen, sollen wir uns nicht ausschließen, sondern einbringen. 

Beerscheba ist heute eine mittelgroße Stadt, gelegen zwischen dem Gaza-Streifen und dem Toten Meer. Die Stadt war im vergangenen Monat Schauplatz eines Anschlags mit fünf Todesopfern, den Attentäter eingeschlossen. Was uns aus solchen Spiralen retten kann, ist letztlich die Bereitschaft beider Seiten, sich mit bestehenden Verhältnissen in positiver Weise auseinanderzusetzen. Manche Palästinenser fühlen sich als direkte Nachfahren der Philister. Der Vers beschwört die gegenseitige Zugewandtheit in fortbestehender Verschiedenheit. So könnte die Zukunft aussehen, nicht wahr? 

Gottes Segen sei mit dem jüdischen Volk und den Palästinensern — und mit uns allen!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 17/2022

Ein Gebirge Gottes ist das Gebirge Basans; ein großes Gebirge ist das Gebirge Basans.
Ps 68,16

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Ein Lied vom Sieg Gottes

Psalmen tragen ihre Wahrheit in sich, deshalb freue ich mich, wenn ich einen Psalmvers ziehe. Unten ist Psalm 68 in voller Länge wiedergegeben, aus der Lutherübersetzung 2017.

Baschan ist eine Bergregion im Nordosten des israelitischen Siedlungsgebiets. Bei der Landnahme wurde das Gebiet den Stämmen Ruben, Gad und Manasse zugeordnet. Noch unter Mose selbst besiegten die Stämme König Og, den sagenhaften Herrscher des Baschan, der als letzter der Riesen bezeichnet wird. Siehe hierzu den BdW 35/2021. Doch ging das Land den Israeliten wohl bald wieder verloren. 

Ein Berg Gottes ist der Baschan // har elohim har baschan

Das ist machtvoll, auf hebräisch fast mehr noch als auf deutsch. Der Baschan erscheint als von ehrfurchterregender Größe und dabei gänzlich Gott unterworfen. In Vers 23 wird er nochmals erwähnt. Er steht dort für die höchste Höhe, welcher der Meeresgrund als tiefste Tiefe gegenübergestellt wird. Aus beiden wird der Herr die Seinen erretten: „Aus Baschan will ich sie wieder holen, aus der Tiefe des Meeres will ich sie holen“.

Aber der Vers enthält ein Rätsel. Nirgendwo sonst wird der Baschan als Gottesberg erwähnt. Und im Folgevers werden alle hohen Berge etwas abschätzig („sehen scheel“) dem ‚Sitz‘ Gottes untergeordnet. Wenn dies der Zionsberg ist — warum wird der Baschan dann zuvor so eindrucksvoll als Berg Gottes eingeführt? Enthält der Vers die Erinnerung an ein altes Heiligtum?

Auch wenn ich den Vers selbst nicht ganz verstehe — der Psalm als Ganzer ist mir neu und schön. Er berichtet vom Sieg Gottes. Zunächst geschieht das mit Worten, die auch den Sieg eines großen orientalischen Herrschers feiern könnten. Dann weitet sich der Horizont immer mehr. Man kann sich vorstellen, dass der Psalm als Hymne Höhepunkt eines der großen Opferfeste war. Lassen Sie Sprache und Bilder auf sich wirken. Stellen Sie sich vor, wie er feierlich und mit zunehmender Intensität im gleissenden Licht der Sonne in den Höfen des Tempels gesungen wird, auf dem Zion oder auch dem Garizim, mit vielen Tausenden erhitzter Menschen, triumphierend. When the Saints go marching in! Der Psalm blickt zurück auf das, was Gott für sein Volk getan hat, und entwickelt daraus eine Vision für die Zukunft, des Volks und der ganzen Menschheit. 

Und einen besonderen Segen enthält der Psalm:

Gelobt sei der Herr täglich. 
       Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch. Sela. 
Wir haben einen Gott, der da hilft, 
       und den HERRN, einen Herrn, der vom Tode errettet.

So sei es für uns in dieser Woche!
Ulf von Kalckreuth

Psalm 68: Ein Psalmlied Davids, vorzusingen. 

Gott steht auf; so werden seine Feinde zerstreut, 
       und die ihn hassen, fliehen vor ihm. 
Wie Rauch verweht, so verwehen sie; 
       wie Wachs zerschmilzt vor dem Feuer, so kommen die Frevler um vor Gott. 
Die Gerechten aber freuen sich und sind fröhlich vor Gott 
       und freuen sich von Herzen. 
Singet Gott, lobsinget seinem Namen! Macht Bahn dem, der auf den Wolken einherfährt; 
       er heißt HERR. Freuet euch vor ihm! 
Ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen 
       ist Gott in seiner heiligen Wohnung, 
ein Gott, der die Einsamen nach Hause bringt, der die Gefangenen herausführt, dass es ihnen wohlgehe; 
       aber die Abtrünnigen bleiben in dürrem Lande. 

Gott, als du vor deinem Volk herzogst, 
       als du einhergingst in der Wüste, – Sela – 
da bebte die Erde, und die Himmel troffen vor Gott – am Sinai –, 
       vor Gott, dem Gott Israels. 
Du gabst, Gott, Regen in Fülle, 
       und dein Erbe, das dürre war, erquicktest du, 
dass deine Tiere darin wohnen konnten. 
       Gott, du labst die Elenden in deiner Güte. 
Der Herr gibt ein Wort – 
       der Freudenbotinnen ist eine große Schar –: 
Die Könige der Heerscharen fliehen, sie fliehen, 
       und die Frauen teilen die Beute aus. 
Wollt ihr zwischen den Hürden lagern? Die Flügel der Tauben sind überzogen mit Silber, 
       und ihre Schwingen schimmern von Gold.  
Als der Allmächtige dort Könige zerstreute, 
       fiel Schnee auf dem Zalmon. 
Ein Berg Gottes ist Baschans Gebirge, 
       ein Gebirge, reich an Gipfeln, ist Baschans Gebirge. 
Was seht ihr scheel, ihr Berge, ihr Gipfel, auf den Berg, wo es Gott gefällt zu thronen? 
       Ja, dort bleibt der HERR immerdar. 
Gottes Wagen sind vieltausendmal tausend; 
       der Herr ist unter ihnen, der vom Sinai ist im Heiligtum. 
Du bist aufgefahren zur Höhe 
       und führtest Gefangne gefangen, 
du hast Gaben empfangen von Menschen – auch von Abtrünnigen –, 
       auf dass Gott der HERR daselbst wohne. 

Gelobt sei der Herr täglich. 
       Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch. Sela. 
Wir haben einen Gott, der da hilft, 
       und den HERRN, einen Herrn, der vom Tode errettet. 
Ja, Gott wird den Kopf seiner Feinde zerschmettern, 
       den Schädel derer, die da fortfahren in ihrer Sünde. 
Der Herr hat gesagt: Aus Baschan will ich sie wieder holen, 
       aus der Tiefe des Meeres will ich sie holen,
dass du deinen Fuß im Blut der Feinde badest 
       und deine Hunde es lecken. 

Man sieht, Gott, wie du einherziehst, 
       wie du, mein Gott und König, einherziehst im Heiligtum. 
Die Sänger gehen voran, danach die Spielleute 
       inmitten der Mädchen, die da Pauken schlagen. 
»Lobet Gott in den Versammlungen, 
       den HERRN, ihr vom Brunnen Israels.« 
Benjamin, der Jüngste, geht ihnen voran, dann die Fürsten Judas mit ihren Scharen, 
       die Fürsten Sebulons, die Fürsten Naftalis. 
Biete auf, Gott, deine Macht, 
       die Macht, Gott, die du an uns bewiesen hast 
von deinem Tempel her; um Jerusalems willen 
       werden dir Könige Geschenke bringen. 
Bedrohe das Tier im Schilf, 
       die Rotte der Stiere unter den Kälbern, den Völkern, 
die da zertreten um des Silbers willen. 
       Zerstreue die Völker, die gerne Krieg führen. 
Aus Ägypten werden Gesandte kommen; 
       Kusch wird seine Hände ausstrecken zu Gott. 

Ihr Königreiche auf Erden, singet Gott, 
       lobsinget dem Herrn! Sela. 
Er fährt einher durch die Himmel, 
       die von Anbeginn sind. 
Siehe, er lässt seine Stimme erschallen, 
       eine gewaltige Stimme. 
Gebt Gott die Macht! Seine Herrlichkeit ist über Israel 
       und seine Macht in den Wolken. 
Zu fürchten bist du, Gott, in deinem Heiligtum. Er ist Israels Gott. 
       Er wird dem Volk Macht und Kraft geben. Gelobt sei Gott!

Bibelvers der Woche 16/2022

Und das währte von Tag zu Tag, als die Zeit zweier Jahre um war, ging sein Eingeweide von ihm in seiner Krankheit, und er starb in schlimmen Schmerzen. Und sie machten ihm keinen Brand, wie sie seinen Vätern getan hatten.
2.Chr 21,19 

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Drei Bilder

Bild 1: Heute ist Karfreitag. Der Vers dieser Woche markiert das grausige Ende eines Gewaltherrschers. Joram, König von Juda, Sohn von Joschafat, beginnt seine Herrschaft mit einem Mord. Alle seine Brüder, sechs an der Zahl, lässt er umbringen. Er heiratet die Tochter des anderen Gewaltherrschers, Ahab, des gottlosen Königs des Nordreichs, und übernimmt dessen Praktiken. In einem Brief prophezeit ihm Elia ein grausiges Ende. 

Die Araber und die Philister fallen über sein Reich her und schlagen ihn vernichtend, nur ein Sohn bleibt ihm. Während zweier langer Jahre zerfrisst ihn eine schreckliche Krankheit, ein Krebs vermutlich, bis schließlich die Eingeweide aus dem Bauchraum heraustreten. 

Die Woche, für die ich ziehe, beginnt mit dem Ostersonntag. Joram steht für Mord, Verwerfung und einen grausigen Tod. Das gerade Gegenteil von Leben in Eintracht mit Gott und den Menschen, das Gegenteil von Nachfolge, das Gegenteil von Erlösung und von Leben.

Bild 2: Heute ist Karfreitag. Gestern habe ich vom Tod eines Freundes unserer Familie erfahren. Er hinterlässt eine Ehefrau und drei Kinder. Ein viertes Kind kommt bald zur Welt. Ich selbst bin mit meiner Tochter an der Côte d’Azur. Das Licht hier ist so hell, wie ich es lange schon nicht mehr gesehen habe. Wie absurd.

Bild 3: Heute ist Karfreitag. Der Vers oben ist ein Gegenbild. Kennen Sie das noch, aus der analogen Fotografie? Ein Film wird belichtet. Wo Licht den Film berührt, wird er schwarz. Wo das Bild dunkel ist, bleibt der Film weiss. Der belichtete Film heisst Negativ. Der Fotograf fixiert es, damit er es betrachten kann, und entscheidet dann, welches der Bilder er vergrößern will. Bei der Erstellung des Positivs kehren sich die Lichtwerte wieder um. Mit ein wenig Erfahrung kann man im Negativ das dahinter liegende Positiv fast so gut sehen, als läge es schon vor.

Joram ist ein Negativ. Ein Bild steckt darin, ein drittes Bild, von Gottes Liebe, seinem Segen, Erlösung und Auferstehung. Wo Joram und sein Ende schwarz sind, ist Ostern weiß!

Heute ist Karfreitag. Das Bild von Ostern ist in der Welt nicht wirklich angekommen — die Welt hat’s nicht erkannt. So ist es, so ist es wirklich!

Herr, nimm unseren Freund zu Dir!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 15/2022

Ich harre des HErrn; meine Seele harret und ich hoffe auf sein Wort.
Ps 130,5 

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Palmsonntag

Es ist nicht leicht zu fassen. Erinnern Sie sich an den Bibelvers der letzten Woche? Es war der Eröffnungsvers des siebten Bußpsalms. Nun ein Schlüsselvers aus dem sechsten Bußpsalm, der wie eine Antwort ist. Als Zufall ist das gar nicht zu begreifen. Irgendwie ergibt es ein perfektes Ganzes — so fühle ich mich, so fühlt sich die Welt, so ist das Kirchenjahr und auch das Wetter. Ostern und Pessach sind nun sehr nahe, aber noch bleibt die Welt dunkel. 

Der Vers sagt uns, sehr klar übrigens, wie wir damit umgehen sollen — warten, hoffen, harren, getrost sein. Die Welt wird das nicht ändern, nein, aber wir können in ihr bestehen mit Blick auf ein besseres Morgen. Gerade habe ich den Psalm neu gelesen. Er spricht unmittelbar zur Seele. Ich lade Sie ein, dasselbe zu tun:

Ps 130 Ein Wallfahrtslied. 

Aus der Tiefe rufe ich, HERR, zu dir. Herr, höre meine Stimme! 
Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens!
Wenn du, HERR, Sünden anrechnen willst – 
Herr, wer wird bestehen? 
Denn bei dir ist die Vergebung, 
dass man dich fürchte. 

Ich harre des HERRN, meine Seele harret, 
und ich hoffe auf sein Wort. 
Meine Seele wartet auf den Herrn 
mehr als die Wächter auf den Morgen; 
mehr als die Wächter auf den Morgen
hoffe Israel auf den HERRN! 
Denn bei dem HERRN ist die Gnade 
und viel Erlösung bei ihm. 
Und er wird Israel erlösen 
aus allen seinen Sünden.

Ich wünsche uns eine gesegnete Karwoche!!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 14/2022

Ein Psalm Davids. HErr, erhöre mein Gebet, vernimm mein Flehen um deiner Wahrheit willen, erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen.
Ps 143,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Passion

Die Verse der letzten Wochen passen gut ins Kirchenjahr. Es ist Passionszeit, und da ist es richtig, der Katastrophen zu gedenken, auch der eigenen. Gott wird sich denen zuwenden, die im Leben Demut gelernt haben. 

Der gezogene Vers dieser Woche leitet den siebten Bußpsalm ein — es ist der letzte, übrigens. Das Ende gerät in Sicht. Hier ist der ganze Psalm. David ist zerschmettert und gibt sich in den Herrn. Aber er wäre nicht David, wenn er nicht die Gelegenheit nutzte, seinen Feinden zu fluchen…

Ein Psalm Davids. 

HERR, erhöre mein Gebet, vernimm mein Flehen um deiner Treue willen,
erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen, 
und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht; 
denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.
Denn der Feind verfolgt meine Seele 
und schlägt mein Leben zu Boden, 
er legt mich ins Finstere 
wie die, die lange schon tot sind. 
Und mein Geist ist in mir geängstet, 
mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe.  

Ich gedenke an die früheren Zeiten; ich sinne nach über all deine Taten 
und spreche von den Werken deiner Hände. 
Ich breite meine Hände aus zu dir, 
meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land. Sela. 
HERR, erhöre mich bald, mein Geist vergeht; 
verbirg dein Antlitz nicht vor mir, 
dass ich nicht gleich werde denen, 
die in die Grube fahren. 
Lass mich am Morgen hören deine Gnade; 
denn ich hoffe auf dich. 
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll; 
denn mich verlangt nach dir. 
Errette mich, HERR, von meinen Feinden; 
zu dir nehme ich meine Zuflucht. 

Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; 
dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn. 
HERR, erquicke mich um deines Namens willen; 
führe mich aus der Not um deiner Gerechtigkeit willen, 
und vernichte meine Feinde um deiner Güte willen 
und bringe alle um, die mich bedrängen; denn ich bin dein Knecht.

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche, auch unseren Feinden!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 13/2022

Ich will sie herunterführen wie Lämmer zur Schlachtbank, wie die Widder mit den Böcken.
Jer 51,40

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Die Katastrophe nach der Katastrophe

Der Vers ist aus der Prophezeiung Jeremias zum Untergang Babylons. Sie ist datiert, und zwar auf das Jahr 3 der Regentschaft Zedekias, des letzten König Judas. König Zedekia ist Vasall Babylons und versucht sich in einem Ränkespiel gegen das Großreich. Juda bewegt sich auf einen Abgrund zu, und Jeremia warnt seine Landsleute mit immer schriller werdender Stimme — das ist das Leitmotiv des Buchs.

An dieser Stelle aber, lange noch bevor sich der Untergang Judas tatsächlich materialisiert, sieht Jeremia den Zusammenbruch Babylons. Der gezogene Vers beschreibt den blutigen Untergang der Armee. Eine Rolle mit den Worten dieser Prophezeihung lässt Jeremia an den Euphrat bringen und dort versenken, um sie in Kraft zu setzen.

Es ist nicht klar, wann dieser Text wirklich entstanden ist. Recht deutlich verweist er auf den Sieg der Perser über das babylonische Reich rund fünfzig Jahre später. In jedem Fall enthält er eine Botschaft, die in der Bibel immer wiederkehrt: alles trägt den Keim des eigenen Gegenteils in sich, der Anstieg des Pegels heute steht auch für die künftige Ebbe, und Gott allein ist Herr der Geschichte. 

Mir fällt der Krieg im Osten unseres Landes ein, der uns bedrückt. Auch Putin wird sein Ende finden. Bald vielleicht. Was kommt danach? 

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 12/2022

Da antwortete Doeg, der Edomiter, der neben den Knechten Sauls stand, und sprach: Ich sah den Sohn Isais, dass er gen Nobe kam zu Ahimelech, dem Sohn Ahitobs.
1. Sa 22,9

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Tödlicher Verrat

Die Geschichte ist tiefschwarz. König Saul fühlt sich verraten. Feindschaft steht jetzt zwischen ihm und David, aber dieser ist bis in seine Familie hinein geliebt und beliebt. Laut in die Runde stellt Saul die Vertrauensfrage. Doëg, einer seiner oberen Knechte, antwortet im gezogenen Vers mit wirklichem Verrat.

Doëg hatte gesehen, wie David bei den Priestern in Nob Unterschlupf gefunden hatte. Namentlich, wie er dort verköstigt wurde, mit den Schaubroten, die eigentlich Teil des Opferritus für Gott den Herrn waren, und wie er von Ahimelech das Schwert Goliaths bekam, den David einst als junger Mann besiegt hatte.

Der Verrat hat entsetzliche Folgen. Fünfundachtzig Priester müssen an Ort und Stelle sterben. Der Verräter Doëg selbst tötet sie mit dem Schwert, weil niemand sonst es wagt. Dann vernichtet er Nob, die Priesterstadt: Männer, Frauen, Kinder und Säuglinge sterben, sogar die Tiere. Einzig Abjatar entkommt, der Sohn Ahimelechs, er wird einer der Getreuen Davids. 

Die Geschichte charakterisiert nicht nur Saul und Doëg, sondern auch David. Er ist an dem Massaker nicht unschuldig. Als die Priester ihn aufnahmen, wussten sie nicht, dass er kein Mann des Königs mehr war, sondern dass im Gegenteil dieser ihn verfolgte. Wissend nutzte der Verfolgte ihr Unwissen für sich, obwohl er bereits ahnte, dass alles ans Licht kommen würde . David bekennt diese Schuld (V 22).

Eine frohe Botschaft gibt es hier nicht. Aber die Geschichte enthält die Frage nach einer Trennlinie, die auch uns angeht: wann wird das Verfolgen eigener Interessen, unter großem Druck vielleicht, zu Verrat an Unschuldigen?

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 11/2022

… soll man königliche Kleider bringen, die der König pflegt zu tragen, und ein Ross, darauf der König reitet, und soll eine königliche Krone auf sein Haupt setzen;
Est 6,8

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Über sich selbst richten

Es ist ein wiederkehrendes Thema in der Bibel, dass wir mit dem, was wir sagen und tun, über uns selbst richten. Hier trifft es Haman, den Schurken im Buch Esther: der König verlangt, dass Haman ihm sage, wie er einen verdienten Mann ehren könne. Haman denkt, der König meine ihn . Der König aber weiss, was er tut: die Ehrung gilt seinem Feind Mordechai, und Haman selbst muss sie vornehmen. Das weist auf das — für Haman tödliche — Ende voraus. 

Purim, das Fest zu Ehren der Königin Esther und ihres Siegs gegen den Schurken Haman, das Fest, auf dem alles sich wendet und sonderbar ins Gegenteil verkehrt, fällt in diese Woche. Was für ein Zufall. Chag sameach purim!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 10/2022

Also gehorchen wir der Stimme unsres Vater Jonadab, des Sohnes Rechabs, in allem, was er uns geboten hat, dass wir keinen Wein trinken unser Leben lang, weder wir noch unsre Weiber noch Söhne noch Töchter,…
Jer 35,8

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Gehorsam über Jahrhunderte

Der Herr spricht hier mit Jeremia in einer Art Gleichnis. Er verweist auf die nomadisch lebenden Rechabiter, die sich vielem enthalten, was das Leben in den Augen der Zeitgenossen erst lebenswert macht. Obwohl das Lebensmodell ihres Stammvaters Jonadab höchst unbequem ist: die Rechabiter folgen ihm klaglos seit Jahrhunderten. Die Fortsetzung des Satzes lautet, in Jer 35, 9+10:

…und bauen auch keine Häuser, darin wir wohnten, und haben weder Weinberge noch Äcker noch Samen, sondern wohnen in Hütten und gehorchen und tun alles, wie unser Vater Jonadab geboten hat.

Wenn wir solche Menschen träfen, was würden wir wohl denken?

Bibelvers der Woche 09/2022

Im fünfzigsten Jahr Asarjas, des Königs in Juda, ward König Pekahja, der Sohn Menahems, über Israel zu Samaria, zwei Jahre;…
2 Kö 15,23

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Der drittletzte König Israels, des Nordreichs: er regiert nur zwei Jahre und fällt dann einer Verschwörung zum Opfer, wird in seiner eigenen Palastanlage getötet. Der Mörder wird sein Nachfolger. Es geht dem Ende zu…

Der Herr sei mit uns in dieser Woche!