Bibelvers der Woche 51/2018

Und der HErr redete mit Mose und sprach: …
Num 5,1

Hier ist ein Link für den Kontext, zur Übersetzung von 2017.

Der Herr spricht

Der Vers spielt mit Sprache, und dies auf mehreren Ebenen. Formal ist der Satz eine Einleitung, und man mag als erstes betrachten wollen, was denn der Herr zu Mose sagt. Es ist eine zwar traurige, aber vernünftige Regel, die hier aufgestellt wird: alle Israeliten, die an Lepra oder anderen schweren ansteckenden Krankheiten litten, sollten außerhalb des Lagers leben. Quarantäne ist noch heute medizinisch angezeigt, wenn es keine Behandlungsmöglichkeit gibt. 

Aber da ist noch etwas anderes. Man kennt den Satz nämlich, auch wenn man nicht oft in die Bibel schaut. Moses Leben erstreckt sich über die Bücher Exodus, Leviticus, Numeri und Deuteronomium. Ich habe den Computer zählen lassen: die Zeichenfolge „Und der HErr redete mit Mose“ kommt in diesen Büchern nicht weniger als 87 mal vor. Die vier Bücher gemeinsam haben 4319 Verse. Der Halbsatz hat also einen Anteil von fast exakt 2% an den Versen dieser Bücher! Das ist massiv. Als Variante kommt hinzu der erste Vers des Buchs Leviticus: „Und der Herr rief Mose und sprach: „

Irgendwann mussten wir den Satz also ziehen… Liest man ihn für sich selbst, so kann er drei Bedeutungen haben, je nachdem, wie man betont: 

1) Und der Herr redete mit Mose und sprach — was nun kommt, ist nicht von Mose oder einem Priesterangeordnet, sondern von Gott.

2) Und der Herr redete mit Mose und sprach: Gott richtet sein Wort an die Menschen.

3) Und der Herr redete mit Mose und sprach — nicht mit irgendeinem Menschen spricht er, sondern mit Mose, dem berufenen Vertreter.

Alle drei Bedeutungen sind präsent in dieser Phrase, die wie ein Mantra wiederholt wird. Aber die zweite ist herausgehoben: Dem Verb kommt in der hebräischen Sprache eine überragende Stellung zu. Es ist der Ausgangspunkt jeder Bedeutung, jeder sprachlichen Äußerung. Im Vers, wie im klassischen Hebräisch üblich, steht das Verb am Anfang des Satzes, und Subjekt und Objekt sind Attribute des Verbs. Die meisten Nomina und Adjektive im Hebräischen sind direkt von Verbstämmen abgeleitet. Der hebräische Name Gottes selbst ist formal ein Verb, in der 3. Person Einzahl männlich im Imperfekt. 

Gott redet und spricht, er richtet sein Wort an die Menschen, sein Wort, das die Welt erschaffen hat. Dass er dies tut, unterscheidet ihn vom „Gott der Philosophen“. Darin, dass wir miteinander sprechen und mit Gott, sind wir Gott gleich. Mit Worten können wir heilen und bauen, mit Worten zerstören und niederreißen. Und mit seinem Wort „baut “Gott sein Volk in der Wüste. 

Ich wünsche uns eine Woche, in der Gott sein Wort an uns richtet —in welcher Form auch immer,
Ulf von Kalckreuth

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