Der zwei Säulen aber war eine jegliche achtzehn Ellen hoch, und eine Schnur, zwölf Ellen lang, reichte um sie her, und war eine jegliche vier Finger dick und inwendig hohl;…
Jer 52,21
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.
Ein letzter Blick
Vor zwei Wochen erst haben wir sie im Bibelvers der Woche kennengelernt, Jachin und Boas, die beiden bronzenen Säulen vor dem Allerheiligsten. Das erste Buch der Könige gibt Bericht von ihrem Bau. Im letzten Kapitel des Buchs Jeremia, wird erzählt, wie Nebusaradan, der Statthalter des babylonischen Königs, den Tempel zerstört. Hierzu siehe den BdW 10/2018. Dieser ganze Abschnitt ist fast wörtlich dem Ende des zweiten Königsbuch entnommen.
Unser Vers ist ein letzter Blick auf Jachin und Boas. Darin wird die Beschreibung der Baugeschichte, 1 Kö 7,15-22, noch einmal vergegenwärtigt. So schließt sich ein Kreis. Was auf dem Höhepunkt der Geschichte Jerusalems zur Ehre Gottes gebaut wurde, lässt dieser auf dem unteren Totpunkt zerstören! Die Eroberer verwenden die Säulen als Altmetall und geben sie zurück in den Materialkreislauf.
Ich ziehe diese Verse zufällig. Sie sollen ein vergröbertes, aber objektives Bild der ganzen Bibel liefern. Es fühlt sich nun ausgesprochen sonderbar an, um es zurückhaltend zu sagen, wenn diese Verse plötzlich zusammenhängen, fast Klartext sprechen. Die Verse der Wochen 25 und 26 berichteten vom Bau des Allerheiligsten und der Säulen. In der vergangenen Woche lasen wir im Dankgebet Salomons bei der Einweihung des Tempels und nun, in Woche 27, sehen wir die Säulen fallen.
Es ist, was es ist. Aber was ist es? Gott lässt sich nieder, aber er gibt seine Wohnstatt wieder auf. Das Kostbarste — gewonnen und verloren. Warum tut Gott das und unter welchen Umständen? Was sagt die Geschichte von Aufbau und Vernichtung des Tempels und seines Kerns, des Allerheiligsten?
Man kann die kollektiven Erfahrungen mit Gott, wie sie im Alten Testament niedergelegt sind, auch individualistisch auf das eigene Leben beziehen, Juden wie Christen tun dies. Wen Gott berührt hat, wer ihn in sein Leben aufgenommen hat, kann sich seines Besitzes nicht sicher fühlen — Gott ist kein Konto in der Schweiz.
Im Allerheiligsten war die Bundeslade verwahrt, darin die Bundestafeln mit den zehn Geboten. Die Königsbücher sagen, dass das Leben mit Gott ein Bund ist, der fortbesteht, solange beide Seiten ihn halten. Eine Seite, Gott, ist unbedingt treu. Somit liegt es in unserer Hand. Individuell wie kollektiv.
Diese Zusammenfassung aus fünfhundert Jahren biblischer Geschichte ist durch den Neuen Bund nicht hinfällig geworden. Im Gegenteil.
Jachin und Boas sind gegenwärtig. Sie sind in der Geschichte aufgehoben. Und in unseren Gedanken an das Allerheiligste, was auch immer die Gestalt ist, die es für uns hat. Sie können uns entstehen und vergehen. Und vielleicht wieder erstehen. Denn auch davon spricht die Bibel, in beiden ihrer Teile, gerade auch in Jeremia.
Ich wünsche uns eine gesegnete Woche,
Ulf von Kalckreuth