Bibelvers der Woche 50/2025

…nach Gewohnheit des Priestertums, und an ihm war, dass er räuchern sollte, ging er in den Tempel des Herrn.
Lk 1,9

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984. 

Und alles ändert sich…

Hier ist Advent, und zwar so sehr, dass der Empfänger der Botschaft völlig überfordert ist. 

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie bereiten sich auf eine wichtige Videokonferenz vor. Konzentriert auf Ihre Aufgabe betreten Sie den Arbeitsraum, um die Verbindung aufzubauen. Der Raum ist dunkel. Als Sie das Licht einschalten, steht am Tisch, auf der rechten Seite, eine Gestalt, riesig groß, schwer bewaffnet und in militärischer Kleidung, von innen heraus leuchtend. 

Sie würden die Tür wieder zuschlagen und laut um Hilfe rufen. Oder Sie würden stumm dastehen, in Angst — Sie haben den Verstand verloren, glauben Sie, hoffentlich hört es wieder auf. Ein schreckliches Erlebnis. Es ist, was dem alten Priester Zacharias geschieht, als er den Tempel betritt, um das Rauchopfer zu vollziehen. Fliehen kann er nicht, draussen in den Vorhöfen des Tempels steht das Volk und wartet. Er erkennt in der Gestalt einen Engel Gottes. Das machte es durchaus nicht leichter, Zacharias dürfte an den Todesengel gedacht haben.

Und dann spricht die furchtbare Gestalt und verkündet — Freude. Der alte Priester und seine sehr betagte Frau Elisabeth werden einen Sohn haben: Johannes, den Propheten, der zum Wegbereiter Jesu werden sollte. Zacharias kann es nicht fassen. Da lässt der Engel ihn verstummen, so lange, bis der angekündigte Sohn geboren ist. Als der Priester den Tempel verlässt und das wartende Volk sieht, kann er nur noch winken. 

Es gibt eine enge Parallele zur Geburtsgeschichte Jesu siehe die BdWs 17/2020 und 20/2024. Der Engel erscheint auch Maria, und auch sie hat sehr gute Gründe für Unglauben — nie hatte sie Verkehr mit einem Mann. Ihr Schicksal und das von Elisabeth bleiben danach verschränkt, wie auch das Leben und Sterben ihrer Söhne, Johannes und Jesus.

Die Erzählung birgt zwei starke, zeichenhafte Signale. Vorzeiten war der Engel auch Abraham und Sarah erschienen, den Erzeltern des jüdischen Volks. Auch sie hatten ihre Hoffnung auf Kinder längst aufgegeben. Und das Verstummen des Priesters erinnert an Ezechiel. Eine Adventsgeschichte zur zweiten Adventswoche…! Unwahrscheinlich genug. Was kann sie uns sagen?

Wissen Sie, ich habe den Vers der letzten Woche noch im Ohr, aus Jesu Gespräch mit der Samariterin. Die ‚wahren Anbeter‘ werden den Herrn „im Geist und in der Wahrheit“ anbeten, nicht in Liturgie, festgelegter Routine und institutionalisierter Rollenverteilung. Als er den Tempel betritt, ist Zacharias fester Teil der überkommenen Anbetungsmaschine. Nach einem bestimmten Schema ist seine ‚Ordnung‘ an der Reihe, eine Teilmenge der Priesterschaft, und innerhalb dieser Ordnung trifft es per Losentscheid ihn, das Rauchopfer zu vollziehen. Das ist, was unser Vers beschreibt. Opfer ist Kommunikation mit Gott. Aber dann vollzieht die Kommunikation sich unvermittelt ganz anders — direkt, ausserhalb von Reihe und Regel, machtvoll und opferfrei. Alles ändert sich. Der Tempelpriester verstummt. Seinen Dienst kann er nicht mehr tun, vielleicht nie wieder. Aber er wird Vater, Vater eines großen Propheten. 

Advent. Unser Weltwissen gilt nicht mehr. Und unsere Routinen laufen leer. Mit extremen Szenarien können wir nicht umgehen. wir sind darauf angewiesen, dass die Welt heute ungefähr so ist wie gestern, als wir eingeschlafen sind. Deshalb Plätzchen, betriebliche Weihnachtsfeiern, Adventslieder, Nikolaus und Weihnachtsgeld. Wir wollen die Welt so. Aber Gott und die Welt können auch ganz anders.

Alles ändert sich… Im Geist und in der Wahrheit mag das geschehen. Darf ich darum bitten, dass der Herr mit uns rede wie mit Zacharias? Dass alles sich ändert? Oder wollen wir es so direkt dann lieber doch nicht…? 

Unsere Woche sei gesegnet, 
Ulf von Kalckreuth

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