Denn siehe, HErr, sie lauern auf meine Seele; die Starken sammeln sich wider mich ohne meine Schuld und Missetat.
Ps 59,4
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.
Gottesmodus
Zwei Grundhaltungen gibt es. Menschen können die Welt und was sie umgibt als feindlich einstufen. Sie sind dann mißtrauisch und verschlossen, oder auch reizbar und aggressiv. In einer feindlichen Welt sind das angemessene Verhaltensweisen. Man kann die Welt auch als zugewandt erleben, als wohnte ihr ein kostbares Versprechen inne, das darauf wartet, wahr zu werden. Wir sind dann offen, neugierig, freundlich und bereit, Bindungen einzugehen. Und auch ungewöhnliche Dinge können wir tun.
Manchmal lässt die Lage uns keine Wahl. Die Welt ist so, dass sie nur eine der beiden Interpretationen zulässt. Aber meist und sehr weitgehend liegt es an uns selbst und an unserer inneren Dynamik, welche der beiden Positionen wir uns nähern, und in welcher individuellen Mischung.
Wer an einen ihm zugewandten Gott glaubt, hat sich für die zweite Haltung entschieden, jedenfalls mit dem Kopf. Gott ist es, der hinter der Welt steht, sie ist der Ausdruck seiner Schöpfung und seines Wollens. Der Glaube an Gott, die Bereitschaft, sein Versprechen für wahr zu halten, ist Grundlage für Vertrauen. In die Welt, auch in die Menschen, die darin wohnen.
Aber so einfach ist es nicht im wirklichen Leben. In dem Psalmen ist viel die Rede von „den Feinden“, die den Psalmisten umringen und mit denen er sich auseinandersetzt, manchmal verbal, manchmal auch auf Leben und Tod, siehe z.B. BdW 26/2019 oder BdW 23/2019. Im gezogenen Vers rotten sich die Feinde zusammen und werden zur lebensbedrohenden Gefahr. Die erste Haltung ist dem Psalmisten hier und anderswo mehr als nur vertraut.
Aber immer in den Psalmen ist Gott die Rettung: der Gedanke an ihn, das Gebet, der Lobgesang. Ich glaube, dass es hier eine Art Mechanik gibt. Der Betende geht in den „Gottesmodus“, er gibt sich zurück in ein Ganzes, dem ein guter Wille innewohnt. Und damit ändert sich die Welt, seine Welt.
Unser Psalm zeigt den Vorgang sehr deutlich, betont durch fast wortgleiche Wiederholung in der Mitte und am Ende. Der Antagonismus ist extrem, den Feinden wird ihre Menschlichkeit ganz und gar abgesprochen, sie sind wie heulende Hunde. Dann aber wendet sich der Psalmist ab von diesem Bild und Gott zu — und indem er das tut, durchdringen ihn Glück und Geborgenheit (Vers 15-18):
Des Abends kommen sie wieder,
heulen wie die Hunde und laufen in der Stadt umher.
Sie laufen hin und her nach Speise
und murren, wenn sie nicht satt werden.
Ich aber will von deiner Macht singen und des Morgens rühmen deine Güte;
denn du bist mir Schutz und Zuflucht in meiner Not.
Meine Stärke, dir will ich lobsingen;
denn Gott ist mein Schutz, mein gnädiger Gott.
Ist das nicht phantastisch? Heulende Hunde sind es, ja. Aber ich brauche sie nicht zu beachten, sie sind nicht wichtig…
Der Herr schenke uns Glück und Geborgenheit in dieser Woche,
Ulf von Kalckreuth
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