Bibelvers der Woche 32/2023

Er gedenkt an seine Gnade und Wahrheit dem Haus Israel; aller Welt Enden sehen das Heil unseres Gottes. 
Ps 98,3

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Singet dem Herrn…!

Unser Vers gehört zu einem Psalm, der sich ganz dem Lobpreis Gottes widmet. „Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel“ — Christen wissen und vertrauen darauf, dass auch sie gemeint sind. Hier ist der ganze, großartige Psalm, nach der Lutherübersetzung von 1984:  

Singet dem HERRN ein neues Lied,
denn er tut Wunder.
Er schafft Heil mit seiner Rechten
und mit seinem heiligen Arm.
Der HERR lässt sein Heil kundwerden;
vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.
Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel,
Jauchzet dem HERRN, alle Welt,
singet, rühmet und lobet!

Lobet den HERRN mit Harfen,
mit Harfen und mit Saitenspiel!
Mit Trompeten und Posaunen
jauchzet vor dem HERRN, dem König!
Das Meer brause und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Die Ströme sollen frohlocken,
und alle Berge seien fröhlich
vor dem HERRN; denn er kommt, das Erdreich zu richten.
Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker, wie es recht ist.

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche, mit einem neuen Lied darin…!
Ulf von Kalckreuth 

Bibelvers der Woche 09/2023

Er hat um das Wasser ein Ziel gesetzt, bis wo Licht und Finsternis sich scheiden
Hiob, 26,10

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Licht und Finsternis

Wir haben aus einer der Stellen gezogen, in denen Hiob in Lobpreis Gottes ausbricht, trotz seines beklagenswerten Zustands und trotz seiner Überzeugung, von Gott schuldlos gemartert zu werden. Die Sprache des Verses ist nicht leicht zu verstehen. Das Wort Ziel konnte früher auch „Begrenzung“oder „Ende“ meinen. In dieser Bedeutung ist es erhalten geblieben in den Wendungen „ohne Maß und Ziel“ oder „Zahlungsziel“. Die anderen großen Übersetzungen aus dem Hebräischen sind leichter verständlich, weichen aber voneinander ab. Mit Unterstützung von Gesenius und der Interlinearübersetzung von Steurer würde ich wörtlich so übersetzen: 

Er zieht auf dem Wasser eine Grenze, bis dort, wo Licht in Finsternis endet. 

So versteht man es besser. Es ist der erste Schöpfungstag, von dem die Rede ist. Der Vers ist eine Momentaufnahme darin. Himmel und Erde sind geschaffen und Gottes Geist schwebt über den Wassern. Die ganze Erde ist vom Wasser bedeckt, Land und Wasser sind noch nicht voneinander geschieden. Das Urchaos herrscht, tohu wabohu. Da spricht Gott: Es werde Licht! Und er scheidet das Licht von der Finsternis und nennt das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Diese Scheidung von Licht und Finsternis findet auf dem Wasser statt, denn Land gibt es noch keines.

Gott ist unbegrenzt, aber er schöpft und schafft, indem er Grenzen zieht. Zwischen Licht und Finsternis, zwischen Wasser und Land, zwischen Leben und Tod, zwischen Zukunft und Vergangenheit, Heiligem und Nichtheiligem, Frau und Mann. Er selbst steht über diesen Grenzen. Dass wir etwas sind, bedeutet auch, dass wir etwas anderes nicht sind. Das ist Schöpfung. Unsere Welt ist endlich, und ihr Wesen liegt in den Strukturen. Ohne Strukturen wäre sie — tohu wabohu.

Hiob ist ein echter Fachmann für Hell und Dunkel, er hat beides ausgiebig kennengelernt. Die Grenze dazwischen kommt von Gott, sagt er. Das ist Lobpreis. Es weist aber kaum sichtbar auch auf die große Anklage Hiobs voraus, die folgt. Und letztlich auch auf den Frieden mit dem Allmächtigen, mit dem das Buch schließt. 

Ich wünsche uns Gottes Segen!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 51/2022

Kommt herzu, lasst uns dem HERRN frohlocken und jauchzen dem Hort unsres Heils!
Ps 95,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

…dann werden die Steine schreien!

Damit es nicht in Vergessenheit gerät, bevor ich fortsetze: Was für ein schöner Vers zum vierten Advent! Ich halte fest, dass der Bibelvers der Woche per Zufallsgenerator gezogen wird, auch im Advent! 

Geistige Tätigkeit ist ohne Computer bald undenkbar. Angeregt durch einen Artikel der FAZ habe ich mit einem Chatbot namens ChatGPT gespielt. Es handelt sich um eine Künstliche Intelligenz, die vorgefundene sprachliche Strukturen und ihre gegenseitigen Bezüge auswertet und fortschreibt. Das System ist in der Erprobungsphase und kann von jedermann kostenfrei benutzt werden. Auch auf Deutsch. Hier ist der Link

Nach einigen Experimenten, die meine Achtung schnell steigen ließen, wollte ich sehen, wie ChatGPT mit dem Bibelvers der Woche zurechtkommt. Das System weist Fehler auf. Manchmal bricht der Output ab, manchmal verheddert es sich. Die Ergebnisse müssen redigiert werden, sie enthalten Redundanzen und lästige Wortwiederholungen. Ausserdem folgt der Bibelvers der Woche einer Form mit wiederkehrenden Elementen, die der Algorithmus nicht kennen kann. 

Aber in fünf Minuten Arbeit, bei der ich so gut wie nichts denken muss, kann ich aus dem Material, den Antworten von ChatGPT auf drei Fragen, die folgende Betrachtung erstellen: 

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Wir sagen Euch an den vierten Advent! Was für ein Vers! Psalm 95 ist ein Lobpsalm, der dazu aufruft, Gott zu preisen und ihm zu danken. Der Psalm beginnt mit dem Aufruf „Kommt, lasst uns jubeln vor dem Herrn, lasst uns auf den Felsen unseres Heils frohlocken“ und geht dann auf die Gründe ein, warum Gott gepriesen werden sollte: seine Treue, seine Macht und sein Erbarmen.

Unser Vers, der Beginn des Psalms, ist ein Aufruf zum Lob und zur Freude im Herrn. Der Psalmist ermutigt die Menschen, zum Herrn zu kommen und ihm zu danken für seine Gnade und Barmherzigkeit. Der Herr ist unser Hort, unser Zufluchtsort, in dem wir Sicherheit und Schutz finden. Er ist der Grund für unsere Freude und unser Jauchzen. Durch ihn haben wir das Heil erlangt und können in seiner Gegenwart Frieden und Freude erfahren.

Der Psalmist ruft die Menschen auf, sich dem Herrn zu nähern und ihm mit Freude und Dankbarkeit zu huldigen. Durch ihn haben wir das Heil erlangt, und er ist unser Zufluchtsort in Zeiten der Not. Der Herr ist der Grund für unsere Freude und unser Jauchzen, und in seiner Gegenwart finden wir Frieden und Erfüllung. Der unbekannte Verfasser ermutigt die Menschen, ihr Leben dem Herrn zu widmen und ihm zu dienen. Durch unsere Hingabe an ihn können wir seine Gegenwart erfahren und von seiner Gnade profitieren. Wir sollen dem Herrn vertrauen und ihm unser ganzes Leben anvertrauen, damit er uns führen und leiten kann.

Es lohnt, auf die Wortwahl zu schauen. Der Vers charakterisiert Gott als „Hort unsres Heils“. Dieser Ausdruck zeigt, dass der Herr für uns der Quell des Heils ist. Durch ihn haben wir die Erlösung von unseren Sünden und von allem Bösen erlangt. Wir können in seinem Schutz und seiner Gegenwart Frieden und Freude erfahren. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns dem Herrn zuwenden und ihm danken für das Heil, das er uns geschenkt hat.

Und „Jauchzen“ sollen wir, sagt der Vers. Das ist eine Ausdrucksform der Freude und des Dankes, die sich in lautem Rufen und Singen äußert. Wenn wir dem Herrn jauchzen, zeigen wir ihm unsere Dankbarkeit und unsere Freude über das Heil, das er uns geschenkt hat. Jauchzen ist auch ein Ausdruck unseres Vertrauens in den Herrn und unseres Glaubens an seine Liebe und Barmherzigkeit.

Noch einmal: Was für ein Vers für den vierten Advent! Ich wünsche uns Gottes reichen Segen für die Woche, die vor uns liegt, auch und weil sie uns so dunkel und kalt ist. 
Ulf von Kalckreuth

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Hätten Sie’s erkannt? Man sieht sicherlich, dass nicht ich diesen Text geschrieben habe, aber hätten Sie eine KI vermutet? O-Ton von Kalckreuth sind nur die ersten und die letzten Sätze, die Einleitung zum vierten Abschnitt sowie einige Einschübe. Mir fehlt einiges, ich weiss, dass ich einen anderen Text geschrieben hätte, aber wer sonst kann es wissen? Der Algorithmus reproduziert und schreibt das fort, was er im Netz und den anderen Textquellen findet, an denen er gelernt hat. Wir alle können uns also bald auf das Schreiben wirklich kreativer und wichtiger Texte konzentrieren — das Ende des Schwallens ist nahe… Aber vielleicht schreiben wir bald gar nichts mehr. Wir müssten es ja erst einmal besser können. 

Hier also ein Aufruf: Nutzen Sie die Kommentarfunktion und schreiben Sie, was Ihnen an der Betrachtung von ChatGPT fehlt! Ich hoffe, es gibt ein Echo, sonst wüsste ich, wie ich viel Arbeit sparen könnte…

Ein zweiter Versuch. Ich habe das ChatGPT gebeten, einen Songtext zu Psalm 95 zu schreiben. Hier ist das Ergebnis:

Verse 1:
Come, let us sing to the Lord,
With voices raised in praise,
For he is great and worthy of all our
Love and adoration.

Chorus:
The Lord is our rock and our salvation,
A refuge in times of trouble,
In him we trust and in him we find
The strength to carry on.

Verse 2:
Let us bow down at his feet,
And give him all our praise,
For he is the King of all creation,
And his love will never fade away.

Chorus:
The Lord is our rock and our salvation,
A refuge in times of trouble,
In him we trust and in him we find
The strength to carry on.

Bridge:
His faithfulness endures forever,
His mercy is new every morning,
We will always trust in him,
For he is our rock and our salvation.

Chorus:
The Lord is our rock and our salvation,
A refuge in times of trouble,
In him we trust and in him we find
The strength to carry on

Das schwingt schon ganz gut, finde ich. Ich mag den Chorus besonders. Reim und Metrum fehlen, und der Versuch, auch dies noch von ChatGPT zu bekommen, führt zu unbrauchbaren Ergebnissen. Den zweiten, düsteren Teil des Psalms hat die Maschine ganz ausgelassen. Das habe ich moniert, und sie lieferte mir daraufhin eine dritte Strophe sowie eine zweite, angepasste Bridge. Dabei aber wurde der Text zu lang. Man müsste das Material redigieren und natürlich an eine Melodie anpassen — aber ja, mit ein wenig Einsatz und ein paar weiteren Versuchen mache ich daraus einen funktionierenden Songtext. 

Natürlich hat ChatGPT davon profitiert, dass Psalm 95 bereits als Lied angelegt ist, aber diesen „Vorteil“ hat jeder Texter von Lobpreissongs — ich selbst habe schon ein paar Psalmvertonungen geschrieben.

Jetzt habe ich eine Frage:, und sie ist ernst gemeint: Kann es Lobpreis sein, wenn es von einer Maschine kommt? Erstaunlicherweise gibt die Bibel eine Antwort. Psalm 8 sagt: „Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen“. Und Jesus sagt (Luk 19,49): „Ich sage euch: wenn diese (die Jünger, d.V.) schweigen, dann werden die Steine schreien.“

Hoffentlich werden sie es nicht tun müssen. Können Sie sich vorstellen, wie künstliche Intelligenzen endlos das weiterschreiben, was wir einstens angelegt haben, aber nicht mehr selbst zu sagen willens oder imstande sind? Frei nach Psalm 19: Eine KI sagt’s der anderen und ein Algorithmus ruft’s dem anderen zu…

In him we trust and in him we find
The strength to carry on!

Amen. Gehen wir mit Gott durch diese Woche! 
Ulf von Kalckreuth


Nachtrag: Auf die oben gestellte Frage gibt die Bibel noch weitere Antworten. Der Bibelvers der Folgewoche weist in krasser Weise darauf hin , dass es nicht nur darauf ankommt, DASS etwas geschieht, sondern auch darauf, WER es tut.

Bibelvers der Woche 50/2022

Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahinkommt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und wachsend, dass sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen:…
Jes 55,10

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Advent

Am Sonntag beginnt die dritte Adventswoche. Advent — das Kommen des Herrn, der Weg, der Ihn zu uns führt und uns zu Ihm. Als Jesus einen schrecklichen Foltertod starb, waren seine Jünger verzweifelt — ein solches Ende des Messias hatten sie nicht erwartet. In den schon damals sehr alten Versen, in denen Jesaja vom Gottesknecht singt, der sterben muss und mit seinem Opfer das Volk erlöst, fanden sie die Blaupause, die Erklärung für das Unerklärliche. Der gezogene Vers gibt ein Bild, ein Gleichnis für die lebensspendende Kraft von Gottes Wort. Hier ist der unmittelbare Kontext, zitiert nach der Lutherbibel 1984:

Suchet den HERRN, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist. Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum HERRN, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende. Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen und alle Bäume auf dem Felde in die Hände klatschen. Es sollen Zypressen statt Dornen wachsen und Myrten statt Nesseln. Und dem HERRN soll es zum Ruhm geschehen und zum ewigen Zeichen, das nicht vergehen wird.
Jes 55,6-11

Ich wünsche uns allen eine gesegnete dritte Adventswoche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 40/2021

Wie teuer ist deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Ps 36,8

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Unter dem Schatten der Flügel Gottes

Wie ein Geschenk ist dieser Vers. Aus Psalm 36 werden gern Sprüche für Konfirmation und Taufe gewählt: die Worte wirken aus sich selbst heraus. Da nehme ich mich gern zurück. Lesen Sie einfach (Ps 36,6-10): 

HERR, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, 
und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. 
Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes 
und dein Recht wie die große Tiefe. 
HERR, du hilfst Menschen und Tieren. 
Wie köstlich ist deine Güte, Gott, 
dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! 
Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, 
und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom. 
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, 
und in deinem Lichte sehen wir das Licht. 

Vor vielen Jahren stand der Vers über der Trauerfeier für meine Großmutter.

Der Herr schenke uns den Schatten seiner Flügel,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 38/2021

Denn siehe, HErr, sie lauern auf meine Seele; die Starken sammeln sich wider mich ohne meine Schuld und Missetat.
Ps 59,4

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Gottesmodus

Zwei Grundhaltungen gibt es. Menschen können die Welt und was sie umgibt als feindlich einstufen. Sie sind dann mißtrauisch und verschlossen, oder auch reizbar und aggressiv. In einer feindlichen Welt sind das angemessene Verhaltensweisen. Man kann die Welt auch als zugewandt erleben, als wohnte ihr ein kostbares Versprechen inne, das darauf wartet, wahr zu werden. Wir sind dann offen, neugierig, freundlich und bereit, Bindungen einzugehen. Und auch ungewöhnliche Dinge können wir tun.

Manchmal lässt die Lage uns keine Wahl. Die Welt ist so, dass sie nur eine der beiden Interpretationen zulässt. Aber meist und sehr weitgehend liegt es an uns selbst und an unserer inneren Dynamik, welche der beiden Positionen wir uns nähern, und in welcher individuellen Mischung. 

Wer an einen ihm zugewandten Gott glaubt, hat sich für die zweite Haltung entschieden, jedenfalls mit dem Kopf. Gott ist es, der hinter der Welt steht, sie ist der Ausdruck seiner Schöpfung und seines Wollens. Der Glaube an Gott, die Bereitschaft, sein Versprechen für wahr zu halten, ist Grundlage für Vertrauen. In die Welt, auch in die Menschen, die darin wohnen. 

Aber so einfach ist es nicht im wirklichen Leben. In dem Psalmen ist viel die Rede von „den Feinden“, die den Psalmisten umringen und mit denen er sich auseinandersetzt, manchmal verbal, manchmal auch auf Leben und Tod, siehe z.B. BdW 26/2019 oder BdW 23/2019. Im gezogenen Vers rotten sich die Feinde zusammen und werden zur lebensbedrohenden Gefahr. Die erste Haltung ist dem Psalmisten hier und anderswo mehr als nur vertraut. 

Aber immer in den Psalmen ist Gott die Rettung: der Gedanke an ihn, das Gebet, der Lobgesang. Ich glaube, dass es hier eine Art Mechanik gibt. Der Betende geht in den „Gottesmodus“, er gibt sich zurück in ein Ganzes, dem ein guter Wille innewohnt. Und damit ändert sich die Welt, seine Welt. 

Unser Psalm zeigt den Vorgang sehr deutlich, betont durch fast wortgleiche Wiederholung in der Mitte und am Ende. Der Antagonismus ist extrem, den Feinden wird ihre Menschlichkeit ganz und gar abgesprochen, sie sind wie heulende Hunde. Dann aber wendet sich der Psalmist ab von diesem Bild und Gott zu — und indem er das tut, durchdringen ihn Glück und Geborgenheit (Vers 15-18):  

Des Abends kommen sie wieder, 
heulen wie die Hunde und laufen in der Stadt umher. 
Sie laufen hin und her nach Speise 
und murren, wenn sie nicht satt werden. 

Ich aber will von deiner Macht singen und des Morgens rühmen deine Güte; 
denn du bist mir Schutz und Zuflucht in meiner Not. 
Meine Stärke, dir will ich lobsingen; 
denn Gott ist mein Schutz, mein gnädiger Gott.

Ist das nicht phantastisch? Heulende Hunde sind es, ja. Aber ich brauche sie nicht zu beachten, sie sind nicht wichtig…

Der Herr schenke uns Glück und Geborgenheit in dieser Woche, 
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 26/2021

Und die vier Tiere sprachen: Amen! Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an den, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Off 5,14

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Gottes Gegenwart — jenseits der Zeit

Ein Vers zur Sonnenwende, und es wirkt, als führten die Verse der vergangenen Wochen auf diesen hin. Erst die Offenbarung am Sinai und Mose Erfahrung mit Gottes Gegenwart, dann ein Psalmvers, der die machtvolle Gegenwart Gottes bekennt — nun sehen wir mit Johannes, wie am Ende der Zeit vor Gottes Thron das Buch mit den sieben Siegeln eröffnet wird. Die Zeitenwende ist als Erzählung in einer Schriftrolle fixiert: das Ende der Welt, wie wir sie kennen, und die Heraufkunft einer neuen. Das Schicksal der Welt vollzieht sich, indem die Rolle geöffnet und verlesen wird. Die Buchstaben dieser Schrift erzeugen Wirklichkeit, sind Wirklichkeit, Das Buch wird Christus übergeben, der es öffnen wird, Siegel für Siegel. Nach der Öffnung des siebenten Siegels werden sieben Posaunen ertönen, danach sieben Schalen des Zorns vergossen. 

Das Auditorium sind, neben Gott selbst, vierundzwanzig „Älteste“, und vier Lebewesen („Tiere“ in der alten Übersetzung), die in unmittelbarer Nähe Gottes stehen. Bevor das erste Siegel erbrochen wird, kommt die Rahmenhandlung zu einem Stillstand. Für einen Moment schwebt alles. Die Szene vor Gottes Thron  erweitert sich in einen Lobpreis der Schöpfung, an dessen Ende der gezogene Vers steht (Off 5, 13+14 i.d. Lutherbibel 2017):

Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer, und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und die vier Wesen sprachen: Amen! und die Ältesten fielen nieder und beteten an. 

In Bibelkommentaren und im Internet liest man unterschiedliche Meinungen darüber, wer oder was die vierundzwanzig Ältesten und die vier Lebewesen dieser Thronszene sind. Bei den vieren gibt es einen deutlichen Bezug auf die Thronszene in Hes 1. Die Wesen dort werden später, in Hes 10, als Cherubim identifiziert. In Jes 6, einer anderen Thronszene, werden sie Serafim genannt. Hier sind sie „Lebewesen“ (zoon), sie können für natürliche und übernatürliche Kräfte in der Schöpfung stehen. Die Ältesten werden in einem Kommentar meiner katholischen Übersetzung als Engel bezeichnet, für meine kommentierten Lutherausgabe sind es Repräsentanten der geretteten Menschheit, die Väter der zwölf Stämme Israels und die zwölf Apostel.

Ich denke, man sollte hier und anderswo die Offenbarung nicht als Allegorie zu lesen, wo allem eine und genau eine Bedeutung zukommt, als wäre der Schrift ein unsichtbares Lexikon beigelegt. Ich lese sie poetisch: sie trägt ihre eigene Wirklichkeit in sich und schafft einen eigenen Bedeutungsraum. Verzichtet man auf das unsichtbare Lexikon, kann man die Offenbarung aufnehmen, wie sie ist, die machtvollen Bilder auf sich wirken lassen und sehen, was sie zeigen. Den exakten Tag des Weltuntergangs kann man so freilich nicht mehr bestimmen…

Lese ich also poetisch, stehen für mich die vierundzwanzig Ältesten und vier Lebewesen für die ganze Gott zugewandte und auf ihn bezogene Schöpfung. Diese Zugewandtheit besteht, obwohl doch das zu öffnende Buch den gottesfernen Teil dieser Schöpfung untergehen lässt. Es mag also hier um einen Wesenskern oder eine Bestimmung gehen, um eine überzeitliche Perspektive: die Eröffnung des Buchs vom Ende der Zeit spielt sich ja selbst nicht in der Zeit ab. Vor und hinter aller Zeit sind Gott und Schöpfung eine Einheit. Und am Anfang vom Ende aller Zeit steht der Lobpreis:

Und die vier Tiere sprachen: Amen! Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an den, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Ich wünsche uns allen eine gute Woche in Gottes Segen,
Ulf von Kalckreuth

Anm.: Die nähere Bestimmung „den, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit“ im Bibelvers der Woche nach Luther 1912 findet sich nur in einem Teil der griechischen Quelltexte, die moderne Lutherbibel (siehe das Zitat oben) und die Einheitsübersetzung beziehen sich auf einen Text, der diesen Zusatz nicht enthält.