Bibelvers der Woche 36/2023

Nach der Zahl der vierzig Tage, darin ihr das Land erkundet habt; je ein Tag soll ein Jahr gelten, dass ihr vierzig Jahre eure Missetaten tragt; auf dass ihr innewerdet, was es sei, wenn ich die Hand abziehe.
Num 14,34

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Zurückweisung

Oh, das klingt nicht gut…! Was ist passiert? Nach einem Durchzug durch die Wüste kommt das Volk Israel an die Grenze Kanaans des Gelobten Landes. Späher werden ausgesandt, und sie berichten Schreckliches über Kraft und Stärke seiner Einwohner. Eine militärische Eroberung scheint aussichtslos, selbstmörderisch. Die Israeliten wollen den Sprung nicht wagen und murren — gegen Gott und gegen die Führung Moses. 

Dies Mißtrauen ist für Gott die Zurückweisung seines großen Versprechens. Mose hält ihn ab von einem Gewaltakt gegen sein Volk. Aber keiner der jetzt lebenden Erwachsenen soll das Gelobte Land sehen — mit Ausnahme zweier Späher, die sich dem Mainstream der anderen entgegengestellt haben. Erst den Kindern der Wüstenwanderer soll der Ausbruch gelingen. Dazu gibt es Betrachtungen bei BdW 40/2018 und BdW 01/2022. Es ist ein Fluch, der milderen Art immerhin. Die Isrealiten sollen in der Wüste bleiben, aber stehen dort weiter unter Gottes Schutz. 

Der unversöhnliche Ton des Verses irritiert. Gott ist persönlich gekränkt und stellt die Rechnung — ein Jahr Wüste für jeden Tag, den die verfehlte Erkundung dauerte. Woher diese Kränkung? Von Eltern verlangt man heute, dass sie von ihren Kindern viel Schlimmeres entgegennehmen und dabei gleichmütig, offen und zugänglich bleiben. Die andere Wange hinhalten, positiv, ein Fels in der Brandung…

Und auch heute gelingt Eltern das nicht immer. 

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

3 Antworten auf „Bibelvers der Woche 36/2023“

  1. „Gott ist persönlich gekränkt und stellt die Rechnung“

    Das ist eine knifflige Aussage und wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht falsch auffassen, so als ob Gott etwa ein Wesen wäre, das sich nicht unter Kontrolle halten kann, wenn wir ihn reizen, indem wir nicht tun, was er von uns erwartet.

    In dem Wort „kränken“ schwingt oft die Vorstellung mit, dass der Gekränkte das Problem wäre. Aber dem ist hier nicht so – die Lage ist noch viel ernster, wie wir schon am Anfang der biblischen Geschichte lesen (in 1.Mo. 6,5-7): „Als aber der HERR sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es den HERRN, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen, und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“
    Gott ist also nicht gekränkt. Gott reute es, uns gemacht zu haben! Warum war das so?

    Gott hatte einen klaren Plan für seine Schöpfung, in der alles sehr gut war: Der Mensch, geschaffen in Gottes Ebenbild, hatte den wunderbaren und verantwortungsvollen Auftrag, die fehlerfreie Welt nach himmlischen Vorbild weiter zu verbessern. Aber durch die Sünde der ersten Menschen kam der Tod in die Schöpfung – und je mehr Zeit verstrich, umso mehr wurde klar, dass die Bosheit der Menschen grenzenlos war. War Gottes Schöpfung also schiefgelaufen? Und befahl er die Sintflut aus persönlicher Kränkung? Nein! Gott wollte uns etwas sehr Wichtiges zeigen, was auch für uns alleroberste Priorität im Leben haben muss: „… die Bösen werden ausgerottet; die aber des HERRN harren, werden gerettet.“ (Ps. 37,9) Mit anderen Worten es gibt zwei Sachen zu beachten: Das sichere Urteil über alles Böse zum einen, und die Rettung, die allein der HERR vollbringen kann (Jona 2,10) zum anderen.

    Was können wir daraus dann ableiten? Der HERR will nichts anderes als unser Wohlergehen, will, dass wir leben, dass wir das Leben haben „und volle Genüge“ (Joh. 10,10). „Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben müsste, spricht Gott der HERR. Darum bekehrt euch, so werdet ihr leben“ (Ez. 18,32).

    Sind da nicht eher wie die „Gekränkten“, die Gottes Wort nicht wahrhaben wollen, dass nämlich das Böse auch in uns ist, dass wir sein ewiges Wort nicht ernst nehmen, weil es nicht dem Zeitgeist entspricht, und dass wir sogar meinen, seine Güte verachten zu können?

    Ich schreibe das vor dem Hintergrund, dass es unter uns viele Menschen gibt, die sich Christen nennen, aber glauben, dass man Gottes Wort relativieren kann. Aber er ist nicht nur der liebe Gott, sondern „Jesus Christus gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Heb. 13,8).
    Das ist die Lektion, die wir aus der abgeblasenen Militäraktion mitsamt der Strafe im Alten Testament lernen sollen: Etwas so Strahlendes und Phänomenales wie das Werk des Gottessohnes, das Kommen und die Leitung des Heiligen Geistes und Gottes liebendes Wort zu übersehen, ist typologisch ähnlich, aber eben doch um einiges schlimmer! „Wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.“

    Sind Jesu Worte (Lk. 12,48) für Sie eher eine Kränkung oder eher ein wohlgemeinter Rat?

    1. Danke, Oliver, für diesen Kommentar! Vielleicht muß ich hier etwas richtigstellen. Der christlich-jüdische Gott ist ein persönlicher Gott. Im Unterschied zum sogenannten „Gott der Philosophen“ zeigt er Eigenschaften, wie wir sie auch von Menschen kennen. Neben väterlicher Liebe ist es eben auch Zorn — „Ich bin ein eifernder Gott, der die Missetaten der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied“, 5. Mose 5,9. Die Zerstörung Sodoms, Jerusalems und gar der ganzen Welt während der Sintflut waren in der biblischen Erzählung jeweils explizit begleitet vom Zorn Gottes. Gott schwebt NICHT ungerührt und über allem stehend im Himmel. Diese „persönlichen“ Eigenschaften Gottes sind für uns schwer zu akzeptieren. Wir können uns ihnen nähern, wenn wir ernst nehmen, dass wir nach seinem Bild geschaffen sind. Die Persönlichkeit Gottes ist dann das Urbild, unsere Persönlichkeiten sind die Abbilder.

      Was meine Betrachtung zum Vers betrifft: ich hatte mit BdW 49/2018 und 01/2022 zuvor schon zwei Texte geschrieben, in denen die verpasste Verabredung des Volks mit seinem Gott beschrieben und behandelt wurde, einschließlich ihrer Fortwirkung für die Botschaft des neuen Testaments. Für den nun gezogenen Vers wollte ich darauf nicht ein weiteres Mal eingehen. Statt dessen weise ich auf die überraschende Emotionalität hin. Sie entspricht der Reaktion eines enttäuschten Liebhabers. Ähnliche Bilder gibt es in Jeremia und Hosea, wenn es um Jerusalem geht. Ich kann die Kränkung nicht erklären, ich kann sie nur feststellen und in meine eigene Erfahrungswelt einbauen.
      Ein persönlicher Gott ist keine über allem stehende, unparteiische Richterinstanz. Er lässt sich erregen, aber er ist auch nahbar, in Gebet und Fasten und tätiger Reue. Zum Gott der Philosophen zu beten wäre völlig sinnlos, sein Ratschluss wäre unabänderlich.

      Ein persönlicher Gott ist schwierig. Aber er ist lebendig. Und der Gott der Philosohen ist tot.

      Die Frage ganz unten in Deinem Text verstehe ich nicht wirklich, ich kann den Vers, den Du zitierst, nicht recht auf unseren Gesprächsgegenstand beziehen.

      Sei gegrüßt,
      Ulf

      1. Lieber Ulf!

        Es war mir gestern ein Anliegen klarzumachen, dass wir mit dem Wort „kränken“, das du benutzt hast, nicht meinen, dass Gott ein jähzorniger Psychopath oder ein gewaltbereites Monster wäre, sondern dass vielmehr die natürlichen Menschen diejenigen sind, die sich von Gottes Wahrheit gekränkt fühlen und ihn ablehnen.

        In keinster Weise wollte ich abstreiten, dass Gott denkt, sieht, hört, sich freut, trauert und so weiter. Und ja, er ist auch zornig – was wir daran sehen, dass sein Zorn erst dann zum Stillstand kommt, wenn sein Sohn die Strafe für die Sünden der Geretteten durch den Tod am Kreuz gesühnt hat.

        Aber viele Menschen verstehen heutzutage nicht, dass es einen heiligen Zorn gibt und dass Gottes Zorn nur ganz entfernt etwas mit unserem ungestümen Ärger und unserem Jähzorn zu tun hat. Darum wollte ich Gott „aus der Schusslinie“ nehmen – aber ich beabsichtigte nicht, Gott und seinen Zorn zu eliminieren. Nur wer sich Gedanken über Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit gemacht hat, kommt zu einer genaueren Vorstellung von der Schrecklichkeit der eigenen Sünde. Das ist der Moment, wo Menschen anfangen, den Herrn zu fürchten. (Aber auch hier ist wichtig festzuhalten, dass es sich bei dieser Furcht um Ehrfurcht handelt.)

        Es tut mir leid, dass vielleicht einiger meiner Gedanken im ersten Kommentar zusammenhangslos erscheinen. Ich hatte beim Abschicken meines Beitrags eine falsche Taste gedrückt, wonach alles, was ich im Textfeld geschrieben hatte, unwiederbringlich verloren war.

        Was hat Gottes Wort in 4. Mose mit uns und heute zu tun? Und was mit Jesu Worten in Lukas 12,48? Vorsicht! Es hat mehr mit uns zu tun, als wir vielleicht glauben mögen! Gott rettet sein Volk, führt es durch die Wüste, schließt mit ihm einen Bund, lebt mit ihm, gibt ihm zu essen und zu trinken, und bereitet es darauf vor, das versprochene Land einzunehmen. Und da wird plötzlich eine Gruppe widerspenstig, die Leute meinen, es sei besser und sicherer, Gottes Wort abzulehnen. Aber der Herr, wie du geschrieben hast, stellt die Rechnung.

        Im Römerbrief lesen wir, dass „…was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.“ (Röm. 15,4)
        Können und sollen wir aus der Missetat der anderen etwas lernen? Ja! Und das sei zu unserem Vorteil!

        Hat Gott uns nicht auch gerettet? Hat er uns nicht aus der Sklaverei der Sünde befreit und hat er nicht einen neuen und ewigen Bund mit uns geschlossen? Hat er nicht zu diesem Zweck seinen Sohn geschickt, durch dessen Tod und Auferstehung wir eine Garantie haben, dass unsere Sünden bezahlt sind? Haben wir nun nicht die engste Gemeinschaft mit dem Richter der Welt? Haben wir nicht seinen Heiligen Geist empfangen und durch ihn erkannt, dass sein Wort wahr ist, dass „alle Schrift … zu allem guten Werk geschickt“ (2. Tim. 3,16-17) ist?
        Haben wir nicht eine viel vollständigere Beziehung zu Gott als die Israeliten unter Moses? Haben wir nicht Gottes Herrlichkeit im Angesicht Jesu Christi erkennen dürfen? Sind nicht seit dem Auftreten Jesu alle Menschen weltweit aufgerufen, Buße zu tun und an das Evangelium zu glauben (Mk. 1,15)? Haben wir nicht den Geist aus Gott empfangen, dass wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist (1. Kor. 2,12)? Sind wir nicht reingewaschen und werden über die Engel richten (1. Kor. 6, 3.11)? Wird man nicht bei dem, wem viel gegeben wurde, viel suchen (Lk. 12,48)?

        Die Israeliten haben rebelliert und eine ernste Strafe erfahren, als sie sich Gott widersetzten, der nur ihr Gutes im Sinn hatte. Welche Giganten stellen sich uns in den Weg und suggerieren uns Schmach und Niederlage, wenn wir mit Gott gehen? Der erste Riese, den der Geist der Welt uns entgegen schickt, heißt Big Bang. Keine Angst: Derjenige, der von den Toten zurückgekommen ist, lehrt uns, alles zu halten, was er uns befohlen hat, und ist bei uns bis ans Ende aller Tage!

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