Und soll nehmen das Zedernholz, die scharlachfarbene Wolle, den Isop und den lebendigen Vogel, und in des geschlachteten Vogels Blut und in das frische Wasser tauchen, und das Haus siebenmal besprengen.
Lev 14,51
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.
Krankes Haus
Worum mag es hier gehen? Ein Opfer spielt eine Rolle, als Teil eines offenbar komplexen Ritus, und am Ende wird ein Haus besprengt?
Es geht um die kultische Reinigung von etwas, das es nicht gibt, jedenfalls nicht in Palästina: dem Aussatz von Häusern. Unser Vers kommt aus einem Text in Leviticus, der sich anschließt an die detaillierten Regeln für den Aussatz bei Menschen. Letztere hatten im Alltag der Hebräer durchaus ihre Bedeutung, wie sich noch den Evangelien entnehmen lässt. Dagegen wird nicht recht deutlich, was mit dem „Aussatz von Häusern“ überhaupt gemeint ist — der Hausschwamm, den wir in Mitteleuropa so gut kennen, ist es jedenfalls nicht, der Pilz braucht feuchte Luft bei konstanten, niedrigen Temperaturen. Kein Hausschwamm überlebt einen Sommer in Judäa.
Vor einiger Zeit hatte ich schon einmal einen Vers aus diesem Abschnitt gezogen und mir dann Gedanken dazu gemacht, was es mit dem Aussatz von Häusern auf sich haben könnte — ich glaube, die Betrachtung ist gut gelungen und ich würde an dieser Stelle gern darauf verweisen, siehe den BdW 48/2021.
Kurz gesagt: es geht hier nicht um etwas, dass sich beobachten lässt — der Aussatz von Häusern steht vielmehr gleichnishaft für Verfall und Korruption dessen, was uns umgibt und schützt. Auch vom Aussatz von Kleidern ist im Text die Rede. Die Torah spricht nie abstrakt. Wenn Regeln von etwas Bekanntem auf etwas Unbekanntes übertragen werden, geschieht das per Analogie. Aussatz ist das Gegenteil von Reinheit, Aussatz steht für das, was uns von der Gemeinschaft trennt, Und dabei sollen wir nicht nur auf unseren Körper schauen.
An dieser Stelle könnte man ausführlich über die Grundlagen unseres Miteinander nachdenken. Ich will mich hier auf Andeutungen beschränken. Was ist „Haus“? Sprache fällt mir ein und auch die Art, sie einzusetzen, die Beziehungen innerhalb der Familie und unter Freunden, wie wir lieben und uns entlieben, Erotik und Sexualität, aber natürlich auch die Art, wie wir unseren Lebensunterhalt sicherstellen. Man mag auch an die Umwelt denken, das gemeinsamen Haus aller Menschen.
Das alles kann krank werden und darauf müssen wir achthaben. Und der Opfervogel sollte dabei ruhig weiterleben dürfen…
Der Herr helfe uns zu Achtsamkeit mit den Grundlagen unseres Lebens,
Ulf von Kalckreuth