Bibelvers der Woche 41/2024

Denn gleichwie Jona war drei Tage und drei Nächte in des Walfisches Bauch, also wird des Menschen Sohn drei Tage und drei Nächte mitten in der Erde sein.
Mat 12,40

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Das Zeichen des Jona

In diesem Vers erläutert Jesus öffentlich eines seiner Bilder. Das tut er sonst nicht, Erläuterungen gibt er nur seinen engsten Gefährten.

Jesus wird von den Pharisäern mit der Forderung nach „Zeichen“ konfrontiert — wunderbaren Geschehnissen oder göttlichen Offenbarungen, welche die Wahrheit seiner Botschaft belegen.

Diese Forderung verstehe ich gut. Ich bin Wissenschaftler und habe gelernt, zu akzeptieren, was von mehreren unabhängig beobachtet werden kann oder aus solchen Beobachtungen logisch folgt, was denknotwendig ist, oder — und hier wird es bereits kritisch — eine plausible und von vielen geteilte Erklärung dessen ist, was beobachtet werden kann. Mit anderem mag man prüfend sich befassen, aber man wird es nicht zum Kernbestand dessen fügen, womit die Wissenschaft die Welt erklärt. 

Eine Freundin aus alten Tagen, promovierte Naturwissenschaftlerin, ist engagierte Atheistin. In ihrer Realität gibt es keine Anker für die Existenz eines persönlichen Gottes.

Jesu Antwort auf die Bitte um ein Zeichen ist schroff. Dieses Geschlecht — damit meint er seine Zuhörer — ist in seiner Bosheit und Arroganz unerträglich und nun fordern sie auch noch Zeichen. Sie werden keines bekommen, „es sei denn das Zeichen des Propheten Jona“. 

Was ist hier gemeint? In unserem Bibelvers wird eine Erklärung hinterhergeschoben: so wie Jona drei Tage im Walfisch verbrachte, um dann wieder ans Land zurückzukehren, wird er, der Menschensohn, drei Tage unter der Erde sein, bevor er zur Welt zurückkehrt. 

Diese Erklärung können die Pharisäer unmöglich verstehen, denn Tod und Auferstehung haben ja noch gar nicht stattgefunden. Antwortet Jesus mit dem Ziel, nicht verstanden zu werden? Der Text ergibt mehr Sinn, wenn man die Erklärung wegläßt. Denn die drei Tage und Nächte im Walfisch waren ein Zeichen für Jona, der vor seiner Aufgabe fliehen wollte, siehe den BdW 01/2023. Niemand sonst war dabei und konnte es erleben.

Das Zeichen des Jona, das Zeichen, das dieser selbst gab, war etwas anderes: mit Gottes Hilfe war er imstande, eine ganze, denkbar gottesferne, zynisch und brutal handelnde altorientalische Großdespotie zu bekehren. Er ging mitten hinein in die assyrische Hauptstadt Ninive, ein antiker urbaner Moloch, und begann zu predigen, den raschen Tod vor Augen. Und er hatte umwerfenden, wirklich wunderbaren Erfolg. Erfolg, den jeder sehen konnte. Diese Leute aus Ninive, so spricht Jesus weiter, würden am Jüngsten Tag zu Anklägern der Pharisäer, denn jene hätten es um so vieles leichter, ihre Wege zu ändern. 

Und genau so — ohne den eingeschobenen Verweis auf Tod und Auferstehung — steht die Geschichte in Lk 11,29-32

Das Zeichen, das Gott uns Fragenden gibt, wäre dann also überzeugende, zu Herzen gehende vom Geist inspirierte Predigt. Auf manche Menschen wird sie wirken. Es mögen gar hartgesottene Assyrer darunter sein. An anderen wird sie vorbei gehen. Gott spricht, sagte ich meiner Freundin. In der Bibel und in unserem Leben. Ich gab ihr eine Einzelausgabe des Buch Genesis. Einige Leser mögen nun wissen, was ich ihr statt dessen hätte geben sollen, aber dieses Buch und diese Ausgabe hatte mich selbst einst zu Gott geführt, vor 18 Jahren, in einem Flugzeug, und davon hatte ich ihr erzählt. Sie las also das Buch, die Sache war ihr wichtig und sie ging den Dingen gern auf den Grund. Aber sie konnte nichts damit anfangen. Ich sagte ihr, dass Gott wirklich zu uns spreche: persönlich, unmissverständlich manchmal. Das sei zwar nicht „intersubjektiv nachprüfbar“, wie es bei Wissenschaftlern heißt, aber für mich und meinem Glauben ist es so fundamental wie die Bibel. Das hat sie durchaus akzeptiert, was mich betrifft. aber zu ihr spreche Gott eben nicht, sagte sie. Wir waren in verschiedenen Welten, konnten nicht wirklich miteinander reden und waren beide etwas traurig. 

Das liegt wieder sehr in der Nähe der am Ende etwas fatalistische Betrachtung zum BdW 39/2024 vor zwei Wochen. Christen sagen, dass das Heil nur jenen zuteil wird, die es glaubend ergreifen. Das wirkt etwas willkürlich und auch zirkulär —  wer es nicht sieht, für den ist es nicht da. Irgendwie haben in ihrer jeweiligen Welt beide recht, meine Freundin und ich. Ist das nicht wie Gefangenschaft in einer Todeszelle? Biblisch ist das gut verankert, z.B. in Römer 9, 14ff oder Mat 25,29, und ich leide unter dieser Vorstellung, ich komme nicht zurecht damit. Ich bitte den Herrn inständig, nicht auf das zu sehen, was seine dummen Kinder mit ihrem Kopf denken und für wahr oder falsch halten, sondern auf das, was in ihren Herzen ist.

Bei aller Schroffheit: Jesus verspricht uns etwas, hören Sie es? Das Zeichen des Jona — das ist machtvolle Predigt, Verkündigung, die die Herzen selbst der Assyrer erreicht. Mögen wir solche Predigt hören, bald. Möge sie nach Gaza dringen, nach Tel Aviv, nach Beirut, nach Teheran, nach Moskau und nach Washington. Und auch zu meiner Freundin, einer guten Frau.

Machtvolle Predigt hin zu einer neuen Welt. 
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 10/2024

Die Wege des HErrn sind eitel Güte und Wahrheit denen, die seinen Bund und seine Zeugnisse halten.
Ps 25,10

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Eine Zusammenfassung der Bibel…

Wenn ich eine Zusammenfassung der Bibel in einem einzigen Satz geben müsste — es wäre vielleicht dieser Vers. Wenn wir ihn lesen und nochmals lesen, steht dort folgendes: 

  1. Der Herr und die Seinen haben einen Bund
  2. Gott hält den Bund.
  3. Wer den Bund seinerseits hält, dem ist Gott treu. Er erfährt Güte und Wahrheit — für Wahrheit (‚emet) kann hier auch ‚Treue‘ übersetzt werden. 
  4. Den Bund halten bedeutet Gottes Wort achten. 

Gott ist mit uns, wenn wir uns in ihm bergen. Ja, darauf kann man ein Leben bauen. Was indes geschieht mit jenen, die Gottes Wort nicht achten? Verlieren sie (nur) Gottes Schutz oder werden sie aktiv bestraft? Ist beides ein und dasselbe?

Da ist noch etwas. Die einfache und tröstende Zusicherung, dass Gott denen treu ist, die ihm treu sind, kann man auch umdrehen: wem es schlecht geht, der hat sich ausserhalb Gottes Bund gestellt. Man nennt dies den Zusammenhang von Tun und Ergehen. 

Es ist lieblos, fast grausam, in dieser Weise auf das Leid anderer Menschen zu blicken. Das ganze Buch Hiob setzt sich damit auseinander. Aber selbst das Erlösungswerk Jesu nimmt diese Spannung nicht aus der Welt, denn auch den „neuen Bund“ müssen wir halten, wenn wir darin geborgen sein wollen. 

Was bedeutet Leid? Ich weiß die Antwort nicht. Persönlich bin ich überzeugt, dass die Wege Gottes auch durch Leid führen. Sie führen hindurch, das ist es vielleicht. Was mich selbst betrifft, so sehe ich immer wieder, dass Gott mit mir ist, auf wunderbare Weise manchmal, auch und manchmal sogar gerade wenn meine eigene Treue recht eingeschränkt ist. Das Leid anderer kann ich mit dieser Brille nicht lesen. Es steht mir nicht zu. Meine Aufgabe ist, in Liebe zu tun, was ich tue.

Lesen Sie den Vers noch einmal. Gott ist mit uns, wenn wir uns in ihm bergen.

Der Herr segne und behüte uns
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 03/2024

…so sollst du den Mann oder das Weib ausführen, die solches Übel getan haben, zu deinem Tor und sollst sie zu Tode steinigen.
Dtn 17,5

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Einander vor das Stadttor führen…

Der Vers ist kurz und brutal. Es geht um die kultischen Praktiken Kana’ans, die es im Gelobten Land der Israeliten nicht geben soll. Wird ein Israelit abtrünnig und bei götzendienerischen Praktiken beobachtet, so soll die Angelegenheit gründlich geklärt werden. Verhält es sich so, soll der oder die Schuldige vor den Toren der Stadt gesteinigt werden. Es muss dafür mindestens zwei oder drei Zeugen geben, und diese Zeugen sollen die ersten sein, die den Stein werfen. 

Andersgläubige sollst du steinigen!

Eine Entsprechung für diesen Vers bezieht sich auf ganze Städte, die sich auf götzendienerische Abwege begeben. Ihre Einwohner sollen, wenn ihre Schuld feststeht, dem Bann verfallen, also ohne Ausnahme getötet werden: siehe BdW 07/2023 zu Dtn 13,13ff.  

Die Kulte Kana’ans sind verschwunden, die Weisung besitzt keine unmittelbare Relevanz. Aber das mosaische Gesetz ist im Judentum bindend und den Christen dient es zur Orientierung. Die Ideen von Ausschließlichkeit, Reinheit und Todeswürdigkeit sind es, die im Mittelalter massenhafte Hexenverbrennungen möglich machten. Um die Zeitenwende waren es die Anhänger der neuen christlichen Lehre, die gesteinigt wurden, und Jesus selbst entging diesem Schicksal zweimal nur knapp (Lk 4, Joh 8).  Und das Gebot, Abtrünnige zu töten, gibt es auch im Islam.

Einander vor das Stadttor führen…, Ulf von Kalckreuth mit Dall-E, 06.01.2024

Vor etwas mehr als zwei Jahren hatten wir eine andere tödliche Mitzwah als Bibelvers der Woche, und ich habe seinerzeit versucht darzulegen, wie man konstruktiv damit umgehen kann, siehe den BdW 41/2022. Das fällt mir heute schwerer als damals.

Was tun mit diesem Vers? Wir können ihn sehr bewusst zur Kenntnis nehmen. Er erlaubt uns einen Blick in unser gemeinsames abrahamitisches Genom. Das ist nicht schön oder erhebend, aber wertvoll, auch heute. Gerade heute. Denn wenn wir nicht vorsichtig miteinander sind, führen wir einander schnell vor das Stadttor. 

Der Herr sei mit uns!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 02/2024

Von den Engeln spricht er zwar: „Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen”,…
Heb 1,7

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Botschaft im Wind

Es ist einer dieser Verse, in denen ein anderer steckt, wie in einer Matrioschka. Der Autor des Hebräerbriefs will aufzeigen, um wie vieles der Sohn Gottes höher steht als die Engel, und er zitiert dazu Verse aus dem Alten Testament. Im Vers oben stellt er einen Vergleich mit der Art und Weise an, wie ihrerseits die Engel gepriesen werden. Zitiert wird dabei Psalm 104,4. In der Lutherbibel 1984 lautet dieser Psalmvers: 

…der du machst Winde zu deinen Boten 
und Feuerflammen zu deinen Dienern

„Bote“ und Engel“ werden im Hebräischen durch dasselbe Wort wiedergegeben: mal’ach. Im Psalmvers aber werden Winde zu Boten und Flammen zu Dienern gemacht, nicht umgekehrt, wie im Zitat des Hebräerbriefs. 

Aber vielleicht spricht der Psalmvers ja nicht wirklich über Engel, sondern über die Art und Weise, wie Gott zu uns redet. Manchmal durch Erscheinungen in der Natur, Elemente, wie Feuer und Wind. Aber das muss man verstehen wollen. In meiner Frankfurter Gemeinde berichtete vor einigen Jahren eine Frau, wie sie in ihrer Jugend früh an das Ende ihrer Möglichkeiten gekommen war, sich gescheitert fühlte, auch durch eigenes Verschulden, und sich von Gott und den Menschen verlassen sah. Sie stand an einer Bushaltestelle, in der Dämmerung, und wollte nicht mehr leben. Sie sagte, „Gott, wenn es dich gibt, wenn du mich hörst, dann sprich jetzt zu mir!“ Abwesend blickte sie in Richtung einer dünnen Plastiktüte, die an der Bushaltestelle auf dem Boden lag. Dann nahm sie wahr, wie diese Tüte anfing, sich zu bewegen: sie war in einen Luftwirbel geraten und drehte sich, tanzte hin und her, erhob sich in die Luft und legte sich schließlich wieder nieder. Die junge Frau sah, dass Gott sie gehört hatte und verstand die Antwort. 

Diese Kommunikation hatte mit einer Glaubensentscheidung zu tun — stärker noch; sie war durch eine Glaubensentscheidung bedingt. Die junge Frau hätte die tanzende Tüte ebensogut ignorieren oder gar Spott darin sehen können. 

Gott sprechen hören. Ulf von Kalckreuth mit Dall-E, 01-01-2024

Hier ist noch einmal eine Matrioschka: In dieser Geschichte aus Frankfurt spiegelt sich ein ganz alter Bericht, 1 Kö 19,11-13. Als Elia am Ende war und keine Hoffnung mehr hatte, suchte er den Herrn am Horeb und fand ihn nicht: nicht im Sturmwind, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer. Er fand ihn schließlich im Säuseln des Windes. Und wie die junge Frau hätte Elia in diesem Moment die Freiheit besessen, in dem Säuseln nichts zu sehen und zu hören. 

Aber die Begegnung richtete ihn wieder auf und änderte sein Leben, wie das der jungen Frau, von der ich berichtet habe.

Der Herr, der die Winde zu seinen Boten macht und seinen Engeln befohlen hat, uns zu behüten, sei mit uns!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 52/2023

Alle Köpfe werden kahl sein und alle Bärte abgeschoren, aller Hände zerritzt, und jedermann wird Säcke anziehen.
Jer 48,37

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Weihnachten? Weihnachten!  

Der letzte Bibelvers für dieses Jahr. Er spricht vom Fall Moabs. Vor fünf Jahren hatten wir mit BdW 44/2018 den herzzerreißenden Vers gezogen, der unmittelbar vorangeht und der BdW 14/2019 gibt gleichfalls tiefe Einblicke. Schauen Sie mal hinein.

Der gezogene Vers ist hart und kompromißlos. Das verhaßte Brudervolk, Moab, geht unter. Niemand kann es wenden und Gott wird nicht retten. An Versen dieser Tonlage ist die Bibel nicht arm, und wenn man zufällig zieht, kann man auch in der Weihnachtswoche einen erwischen. Das weiß ich, aber ich freue mich, wenn es einen Zweiklang gibt zwischen den großen Festen und ihren Versen, und häufig geschieht das auch. In der vergangenen Woche saß meine jüngere Tochter neben mir, als ich den Weihnachtsvers zog, und wir waren beide etwas enttäuscht, und sie sagte mir tröstend, dass ich doch wisse, dass die Bibel kein Orakel ist —  sie kennt das Wort nicht, aber das hat sie gemeint. 

Ja, das weiß ich. Die Bibel ist kein Orakel. Aber sie steckt voller Bezüge, innerhalb ihrer Texte, zu Gott und zu unserer Wirklichkeit. Und nach diesen Bezügen darf ich suchen. 

Der Prophet ist verzweifelt, aber der Untergang Moabs, das übergroße Leid seiner Einwohner, ist Realität. Der Bezug zu unserer Welt ist sehr deutlich zu sehen. Und dort, genau dort gehört Weihnachten hin! Unsere Welt ist gefallen. Gott kommt zu uns, weil sie gefallen ist, und weil nichts dies noch ändern kann. Gott wird Mensch, wird geboren, leidet mit den Menschen und stirbt schließlich von ihrer Hand einen entsetzlichen Tod. 

„Welt ging verloren, Christ ist geboren“. So heißt es im alten Lied, und eigentlich ist das zu schwach. Es müsste heißen: Christ ist geboren, weil die Welt verloren ging. Die gefallene Welt ist Voraussetzung für Weihnachten, Weihnachten ist gewissermaßen ihr Ausdruck. Weihnachten überwindet dies Fallen, ohne es aufhalten zu können. Jesus rettet die Welt nicht, er überwindet sie. Nicht umsonst feiern wir Weihnachten, wenn es kein Licht mehr gibt. Wenn man genau hinguckt, sieht man es: Sie umkreisen einander, die fallende Welt und ihr Weihnachtsstern.

Ein Zweiklang also, rauh und elementar! Ich wünsche uns allen ein frohes Weihnachtsfest, froh im freien Fall, trotz aller Feinde Toben, und viel Kraft für die Zeit, die vor uns liegt. 

Der Herr sei mit uns!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 46/2023

Siehe, also wird gesegnet der Mann, der den HErrn fürchtet.
Ps 128,4

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Worauf es ankommt

Worin besteht Gottes Segen? Allen, die Religion für eine diffuse und wenig konkrete Angelegenheit halten, sei Psalm 128 empfohlen. Hier ist kurze Psalm vollständig, in der Lutherübersetzung von 1984:

Wohl dem, der den Herrn fürchtet und auf seinen Wegen geht!
Du wirst dich nähren von deiner Hände Arbeit;
wohl dir, du hast’s gut.
Deine Frau wird sein wie ein fruchtbarer Weinstock drinnen in deinem Hause,
deine Kinder wie junge Ölbäume um deinen Tisch her.
Siehe, so wird gesegnet der Mann, der den Herrn fürchtet.
Der Herr wird dich segnen aus Zion, dass du siehst das Glück Jerusalems dein Leben lang
und siehst Kinder deiner Kinder. 
Friede sei über Israel!

Die Aufzählung wird zweimal eingeleitet, danach stehen jeweils zwei Segensversprechen. Ich würde es gern in heutigem Deutsch schreiben. Also:

Wer den Wegen des Herrn folgt, dem wird zuteil:
1) wirtschaftliche Selbständigkeit und ein angemessenes Auskommen
2) ein glückliches Familienleben mit Partner und Kindern
3) ein geistlich erfülltes Leben mit wiederkehrenden, geglückten Pilgerfahrten
4) ein langes Leben mit Enkeln und Urenkeln

Nichts wird darüber gesagt, wie diese Gaben dem Gottesfürchtigen zuteil werden. Es muß durchaus nicht Belohnung sein, für das Einhalten der Gebote etwa, vielleicht sind es eher die Wege des Herrn selbst, die zu den Segensgaben führen.

Als ich anfing, über den Vers nachzudenken, mußte ich plötzlich verblüfft innehalten. Auf meinem Schreibtisch liegt seit vielen Jahren ein ziemlich großer glatter Flusskiesel, oben ist ein Bild. Er steht für drei Steine, mit denen ein Coach mir einst klargemacht hat, worum es geht — was Kraft kostet und woraus wir sie ziehen können. Er benannte drei Sphären:

  • Berufs und Erwerbsleben,
  • Familienleben, und
  • spirituelles Leben, worunter er neben Religion auch Kultur und Musik verstand, soweit sie zu gemeinschaftlichem Ereignis werden. 

Wenn alles in Ordnung ist, beziehen wir aus diesen Sphären Kraft, sagte er. Geraten wir auf einer der Schauplätze in Schieflage, so wird dort Kraft abgezogen, auch aus den anderen Bereichen. Das funktioniert wie bei kommunizierenden Röhren. Eine schwere Störung in einem der Bereiche wird negative Folgen auch in anderen Bereichen nach sich ziehen — eine Ehekrise kann etwas mit Schwierigkeiten im Job zu tun haben und umgekehrt. Andererseits hat Wachstum in einem der Bereiche positive Wirkungen auch in den anderen. 

Aber schauen Sie: die Bereiche, die er aufzählte, sind nichts anderes als die ersten drei Nennungen im Psalm! Die vierte Nennung fehlt in seiner Liste — langes Leben mit Kindeskindern. Sie steht für ein in der Zeit gegründetes Leben, das nicht ohne Folgen bleibt, sondern sich fortschreibt. Ganz kurz gefasst lautet also der Psalm: 

Wer den Wegen des Herrn folgt, erlangt dabei das, worauf es ankommt im Leben!

Nicht alles mögliche oder alles, was man will, sondern das, worauf es ankommt. Was sagen Sie? Fehlt etwas? ‚Gesundheit‘ kann man unter die vierte Nennung subsumieren. Mir fällt sonst nichts ein. Nehmen Sie sich ruhig fünf Minuten Zeit dafür, die Frage ist wichtig. Schreiben Sie in den Blog, wenn Sie möchten, klicken Sie dazu auf den Beitrag, unten gibt es ein Feld dafür

Gott segne unser Leben!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 42/2023

Sonne und Mond werden sich verfinstern, und die Sterne werden ihren Schein verhalten.
Joel 4,15

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Tag des Herrn

Der Vers ist Teil einer Apokalypse, das sieht man sofort. Das Buch Joel ist kurz, vier Kapitel nur, und seinen Inhalt fasst Wikipedia wie folgt zusammen: Joel prophezeit Gottes Gericht, das wie eine Heuschreckenplage hereinbricht, und Gottes Gnade; sowohl zu seiner Lebzeit, als auch in der Zukunft, am Tag des Herrn, dem endgültigen Gericht Gottes.

Um diesen Tag des Herrn geht es im Vers. Das Volk Israel hat nach schrecklichen Katastrophen als Strafe Gottes die Gnade des Herrn wiedererlangt. Gott gießt seinen Geist aus über alles Fleisch. Im Tal Joschafat — der Name bedeutet „Gott wird richten — wird Gericht gehalten. Die „Völker“ versammeln sich, ihre Armeen und alle Starken, und der Herr zieht sie zur Rechenschaft für das, was sie seinem Volk angetan haben. 

Der Tag des Herrn. Gezogen habe ich den Vers abends am Donnerstag, den 5.10. Ich ziehe immer eine Woche vorher, um Zeit für eine Betrachtung zu haben, und diesmal sogar etwas früher, weil wir auf Reisen gehen wollten. Das fühlte sich diesmal gespenstisch an. Am Samstag überfiel die Hamas Israel. Viele hundert Menschen wurden getötet oder entführt und nun steht ein großer Krieg mit Bodenoffensive im Gaza-Streifen vor der Tür. Am selben Samstag erschütterte ein furchtbares Erdbeben Afghanistan, mit tausenden Toten. In der Ukraine geht das Sterben weiter. Für uns selbst endete, ebenfalls am Samstag, eine Zusammenkunft der Großfamilie in einer großen und gänzlich unerwarteten Enttäuschung. Und immerzu hatte ich den Vers im Kopf.

Hier, in Frankfurt am Main, ist alles höchst sonderbar friedlich — kein Krieg oder Bürgerkrieg, kein Hunger, keine Erdbeben, nicht Dürre noch Flut, die Versorgung mit medizinischen Leistungen ist gut, die meisten Menschen können ohne Sorgen heiraten, Kinder bekommen und alt werden. Atemberaubend. Im Alten Testament könnte das als Beschreibung des Reichs Gottes durchgehen. Dabei treffen sich hier wirklich die „Völker“. Unter den Jüngeren in Frankfurt geraten die ethnisch Deutschen in die Minderheit. Der Umgang miteinander ist pfleglich und gut, meistens jedenfalls. Ist das — normal? Wie kommen wir dazu? Was können wir tun, es zu erhalten? 

Der Vers und sein Umfeld sind bildmächtig. Die Illustration, die Sie oben sehen, habe ich mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz Dall-E erzeugt. Als Anweisung habe ich ihr einfach die Verse 4,14b und 15 in englischer Sprache gegeben — das und sonst nichts. Das Bild trifft mein Gefühl.

Der Herr möge seinen Segen geben und seinen Zorn von uns wenden.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 33/2022

…der ward entzückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, welche kein Mensch sagen kann.
2. Kor 12,4

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Himmel über dem Feldberg, 14. März 2020, Ulf von Kalckreuth

In den Schwachen mächtig

Vor anderthalb Jahren stand ich auf freiem Feld und weinte. Durch einen Bandscheibenvorfall war der Ischiasnerv dauerhaft eingeklemmt — Schmerzen und Lähmungen waren die Folge. Ich versuchte, jeden Tag eine Stunde zu gehen, aber es wurde schlimmer, nicht besser, und an diesem Tag waren die Schmerzen so stark, dass ich nicht mehr wusste, wie ich nach Hause zurückkommen sollte. Als ich dann vor drei Monaten erstmals wieder einen Volkslauf über 10 km machte, vorsichtig und eigentlich ohne Lauftraining, empfand ich das tief als Geschenk Gottes. Früher, als ich gut trainiert viel bessere Zeiten lief, war mir das nicht eingefallen…

Am Ende des zweiten Briefs an die Korinther ist der Ton gereizt. Paulus muß sich gegen Angriffe fremder „Überapostel“ verteidigen, die in der Gemeinde starken Einfluß gewonnen haben und ihn, seinen Beitrag und seine Begabungen schmälern. 

In Abschnitt 11 und 12 geht es ums Prahlen. Paulus Gegner tun das nachdrücklich. Er selbst lässt sich zum Schein darauf ein, und überlegt, womit denn er prahlen könne. Er hatte, und davon handelt der Vers, mehrere eindrückliche und unmittelbare Gotteserfahrungen. Eine davon führte ihn in den „dritten Himmel“, eine andere — unser Vers — ins Paradies, wo er unaussprechliche Dinge hörte. 

Aber gerade damit will er sich nicht großtun. Paulus will sich seiner Schwachheit rühmen. Denn „meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“, sagt Paulus von Gott. Das ist so sonderbar, dass es sich lohnt, darüber nachzudenken.

Es gibt eine Tendenz in der Bibel, das Unterste zuoberst zu kehren. Gott erweist seine Macht mit der Fallhöhe. Erringt ein General mit gut ausgebildeten, zahlreichen und hervorragend bewaffneten Truppen einen Sieg, so ist das nicht wirklich wunderbar — ganz anders der Sieg Davids gegen Goliath! Die Schwachen, Witwen, Waisen, Rechtlosen stehen unter Gottes besonderem Schutz. Jesus, der Heiler, kommt zu den Schwachen, nicht zu den Starken, sagt er. Man muß verloren sein, um gefunden zu werden.

Und so stellt Paulus sich vor die Gemeinde und brüstet sich mit seinen Krankheiten, weil sie zeigen, wie sehr Gottes Segen auf ihm ruht! Darin liegt eine Provokation. Der Geist der Zeit nämlich verlangt das gerade Gegenteil. Gottes Wohlwollen entspricht der Menschen Treue zu Seinem Gesetz, so glaubte man. Wem es also schlecht geht, der hat vermutlich den Grund dafür selbst gelegt. Zum Tun-Ergehens-Zusammenhang siehe ausführlich den BdW 50/2021. Niemandem außer Paulus würde es einfallen, sich seiner Schwachheit zu rühmen. 

Er tut das nicht ungeschützt. Das zeigt unser Vers oben. Von seinen beiden großen Gesichten spricht er in der dritten Person, so, als ob es gar nicht um ihn selbst ginge. Aber er lässt keinen Zweifel daran, dass er auch ganz anders könnte, dass er sich auch seiner Stärke rühmen könnte, wenn er wollte, und zwar mit besserem Recht als seine Gegner.

Beides ist faszinierend und lässt einen nicht schnell los. Die Vorstellung, dass Gottes Kraft gerade in den Schwachen mächtig wird, oder auch in Zeiten besonderer Schwäche. Aber auch die Idee, es möge jemanden zu Lebzeiten vergönnt sein, Gottes Worte im Paradies zu hören. Wie Henoch. Um dann aber zurückzukehren an seinen alten Wirkungskreis. 

Wie sich das wohl anfühlt? Wieder am Rechner zu sitzen, die Augen zu öffnen und statt Gottes Herrlichkeit einen Windows-Bildschirm vor sich zu sehen? Wie kann man das annehmen? Wer es kann, der muss etwas wirklich Wichtiges zu sagen haben!

Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 31/2022

…sondern die Jünglinge mit Bogen erschießen und sich der Frucht des Leibes nicht erbarmen noch der Kinder schonen.
Jes 13,18

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Wer spricht hier?

Oh, das klingt nicht gut! Stellen sich vor, Sie gehen an einer halboffenen Tür vorbei, in einem Hotel zum Beispiel, und hören diesen Satzfetzen in moderner Sprache: „…sondern erst die Jungs mit dem MG erledigen und sich dann mit dem Bajonett um die Bäuche der Schwangeren kümmern — und auch die Kinder kommen nicht davon.“ Wo ist die Polizei?

Hier ist zunächst der Kontext des Fragments (Lutherübersetzung 2017, die Verse 17-19), für einen ersten Aufschluß: 

Siehe, ich will die Meder gegen sie erwecken, die nicht Silber suchen oder nach Gold fragen, sondern die jungen Männer mit Bogen erschießen und sich der Frucht des Leibes nicht erbarmen und die Kinder nicht schonen. So soll Babel, das schönste unter den Königreichen, die herrliche Pracht der Chaldäer, zerstört werden von Gott, wie Sodom und Gomorra…

Die völlige Zerstörung Babylons durch die Meder wird beschworen. Das anschließende Kapitel 14 spricht von der Macht des babylonischen Reichs mit Worten, die viele Leser der Bibel an Luzifer denken lassen, den aufständischen Engelfürsten. 

Wer spricht hier? Formal ist es der Prophet Jesaja, er gibt Worte Gottes wieder. Die Beschreibung von unbeschränkter Höhe und absolutem Fall Babylons aber will nicht recht zum historischen Jesaja (740-701 v.Chr.) passen. Zu seiner Lebenszeit ist Babylon unwichtig, ein verbrauchtes, ein altes Reich, das den Übergriffen der aggressiven assyrischen Supermacht immer wieder erliegt und in deren Machtgefüge es eingegliedert ist. Erst rund hundert Jahre später, im Jahr 625, befreit Nabopolassar spektakulär das Land vom Würgegriff der Assyrer, mit Hilfe der Meder übrigens. Sein Sohn Nebukadnezar richtet daraufhin das gewaltige neubabylonische Reich auf. In diese Zeit fällt die Zerstörung Jerusalems und die Verschleppung seiner Einwohner ins Exil. Noch einmal hundert Jahre später, im Jahr 539, erobert der Perser Kyros das babylonische Reich, mit Unterstützung der unterworfenen Meder. Die Stadt Babylon selbst fällt kampflos. Die exilierten Einwohnern Jerusalems erhalten die Erlaubnis zur Heimkehr. 

Mit der Gewaltphantasie gegen die Kinder der Unterdrücker erinnert der Vers mich sehr an Psalm 137, im babylonischen Exil geschrieben und sein Ende herbeisehnend. Dies Gebet beginnt mit den Worten „An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten“ und schließt: „Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns getan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!“

Viele Exegeten gehen davon aus, dass das Buch Jesaja nicht nur einen Verfasser hat, sondern die Worte mindestens dreier, durch Jahrhunderte getrennter Propheten wiedergibt. Ausserdem wurde es umfänglich redigiert. In meinen Augen ist nicht viel Erkenntnis darin, die vielen Elemente jeweils auf einen bestimmten Verfasser, eine bestimmte Redaktionsschicht zurückzuführen. Das Buch hat eine lange Entstehungsgeschichte. Viele Menschen waren daran beteiligt, und auf geheimnisvolle Weise hat das Buch eine Identität jenseits all dieser Menschen gewonnen. 

Das Buch selbst spricht zu uns, kein bestimmter Verfasser. Dieses Buch der Bibel ist wie das Gedächtnis eines alt gewordenen Menschen, in dessen Seele sich Schicht über Schicht abgelegt haben: Erinnerung, Hoffnung, Verzweiflung, Abscheu, Sehnsucht. Unentwirrbar gehen Prophetie, Gegenwart und Gewesenes ineinander, befruchten sich gegenseitig und schaffen so eine Art Traumbild der Geschichte Israels und seiner Zukunft, seines Weges mit Gott und gegen Gott, seiner Vernichtung und seiner Errettung, des Gottesknechts und des Messias, bis hin zur Erlösung des Volks Israel und der Menschheit. 

Auch alptraumhafte Gewaltphantasien haben in diesem Traumbild einen prominenten Part, wie in einem Schlachtengemälde. Wen wundert’s? Bis wirklich die Wölfe bei den Lämmern lagern (Jes 11,6 und 65,25) geschieht viel, in der Traumzeit des Buchs wie auch in unserer Realität. 

Und bis dies geschieht, wolle der Herr unsere Kinder schützen!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 26/2022

Und ihrer waren bei viertausend, die da gegessen hatten; und er ließ sie von sich.
Mk 8,9

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. 

Freiheit von Angst

Das Brotwunder: an die viertausend Menschen standen, saßen und lagen bei Jesus in der wüstenähnlichen Umgebung des Sees Genezareth. Manche waren von weither gekommen. Sie hatten keine Vorräte und niemanden, an den sie sich wenden konnten. Hatten sie sich in eine Falle begeben, als sie ihrem inneren Ruf folgten und den großen Prediger hören wollten, von dem so viel die Rede war? Jesus löst das Problem — er lässt sieben Stück Brot und ein paar Fische verteilen, die viertausend essen und werden satt, und es bleiben sieben Körbe übrig. 

Worum geht es bei dieser Geschichte? 

Gestern fuhr ich wie jeden Tag mit meinem Fahrrad in die Bank. Seit einiger Zeit habe ich Schmerzen in der Schulter, ich versuche daher, die gebeugte Haltung zu vermeiden und berühre den Lenker nur mit den Spitzen der rechten Hand. Und oft, wo es geht, fahre ich ganz freihändig, das kann ich kilometerweit. Ich fahre viel Fahrrad, das Fahrrad ist mir so vertraut wie der Gang auf meinen Beinen, vielleicht vertrauter noch. 

Ich dachte über den Vers nach. Dabei war ich deprimiert und müde, viel läuft falsch zur Zeit. Und beinahe ohne es zu merken schloß ich die Augen — während ich freihändig Fahrrad fuhr. Ich war nicht etwa eingeschlafen, das ist unmöglich auf dem Fahrrad, es war so, wie wenn man redet und dabei für einige Sekunden die Augen schließt, um sich zu sammeln. Ich war ungeheuer überrascht, dass das ging. Ich musste es gleich danach noch ein paarmal probieren…

Machen Sie es bitte nicht nach. Eine pädagogisch wertvolle Erfahrung ist es nicht, es ist eben das, was ich gestern mit dem Vers erlebt habe. Technisch ist es kein Wunder. Auf dem Fahrrad verhindert man das Umfallen nicht, indem man immer wieder nachschaut, ob der Horizont noch waagerecht ist. Es sind die Signale von Innenohr und Po, die uns das Gleichgewicht halten lassen. Solange es kein Hindernis gibt, macht „eigentlich“ keinen Unterschied, ob man freihändig nun mit offenen oder geschlossenen Augen fährt. Wir können ja auch gehen mit geschlossenen Augen 

Aber hätte ich vorher darüber nachgedacht — ich hätte fest erwartet, dass Angst das unmöglich macht, dass ich sofort in den Lenker greifen muß, das ich das Gleichgwicht verliere, wie ein Schlafwandler, der auf dem Dachfirst balanciert und plötzlich aufwacht. .

Fliegen für Anfänger. Angstfreiheit. Jesus erklärt es im selben Abschnitt etwas später. Die Jünger haben selbst kein Brot, und machen sich Sorgen, und äußern Unverständnis, als Jesus in Gleichnissen mit ihnen spricht. 

Und er merkte das und sprach zu ihnen: Was bekümmert ihr euch, dass ihr kein Brot habt? Versteht ihr noch nicht, und begreift ihr noch nicht? Habt ihr ein erstarrtes Herz in euch? Habt ihr Augen und seht nicht und habt Ohren und hört nicht? Und denkt ihr nicht daran: Als ich die fünf Brote brach für die fünftausend, wie viele Körbe voll Brocken habt ihr da aufgesammelt? Sie sagten: Zwölf. Und als ich die sieben brach für die viertausend, wie viele Körbe voll Brocken habt ihr da aufgesammelt? Und sie sagten: Sieben. Und er sprach zu ihnen: Begreift ihr denn noch nicht? (Mk 8,17-21)

Glauben. Vertrauen und Freiheit von Furcht ermöglichen Dinge, zu denen wir ohne Glauben nicht fähig sind. Das gilt individuell, auf dem Fahrrad, und sehr viel mehr noch im Kollektiv.

Ich wünsche uns allen eine gesegnete zweite Jahreshälfte!
Ulf von Kalckreuth