Denn gleichwie Jona war drei Tage und drei Nächte in des Walfisches Bauch, also wird des Menschen Sohn drei Tage und drei Nächte mitten in der Erde sein.
Mat 12,40
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.
Das Zeichen des Jona
In diesem Vers erläutert Jesus öffentlich eines seiner Bilder. Das tut er sonst nicht, Erläuterungen gibt er nur seinen engsten Gefährten.
Jesus wird von den Pharisäern mit der Forderung nach „Zeichen“ konfrontiert — wunderbaren Geschehnissen oder göttlichen Offenbarungen, welche die Wahrheit seiner Botschaft belegen.
Diese Forderung verstehe ich gut. Ich bin Wissenschaftler und habe gelernt, zu akzeptieren, was von mehreren unabhängig beobachtet werden kann oder aus solchen Beobachtungen logisch folgt, was denknotwendig ist, oder — und hier wird es bereits kritisch — eine plausible und von vielen geteilte Erklärung dessen ist, was beobachtet werden kann. Mit anderem mag man prüfend sich befassen, aber man wird es nicht zum Kernbestand dessen fügen, womit die Wissenschaft die Welt erklärt.
Eine Freundin aus alten Tagen, promovierte Naturwissenschaftlerin, ist engagierte Atheistin. In ihrer Realität gibt es keine Anker für die Existenz eines persönlichen Gottes.
Jesu Antwort auf die Bitte um ein Zeichen ist schroff. Dieses Geschlecht — damit meint er seine Zuhörer — ist in seiner Bosheit und Arroganz unerträglich und nun fordern sie auch noch Zeichen. Sie werden keines bekommen, „es sei denn das Zeichen des Propheten Jona“.
Was ist hier gemeint? In unserem Bibelvers wird eine Erklärung hinterhergeschoben: so wie Jona drei Tage im Walfisch verbrachte, um dann wieder ans Land zurückzukehren, wird er, der Menschensohn, drei Tage unter der Erde sein, bevor er zur Welt zurückkehrt.
Diese Erklärung können die Pharisäer unmöglich verstehen, denn Tod und Auferstehung haben ja noch gar nicht stattgefunden. Antwortet Jesus mit dem Ziel, nicht verstanden zu werden? Der Text ergibt mehr Sinn, wenn man die Erklärung wegläßt. Denn die drei Tage und Nächte im Walfisch waren ein Zeichen für Jona, der vor seiner Aufgabe fliehen wollte, siehe den BdW 01/2023. Niemand sonst war dabei und konnte es erleben.
Das Zeichen des Jona, das Zeichen, das dieser selbst gab, war etwas anderes: mit Gottes Hilfe war er imstande, eine ganze, denkbar gottesferne, zynisch und brutal handelnde altorientalische Großdespotie zu bekehren. Er ging mitten hinein in die assyrische Hauptstadt Ninive, ein antiker urbaner Moloch, und begann zu predigen, den raschen Tod vor Augen. Und er hatte umwerfenden, wirklich wunderbaren Erfolg. Erfolg, den jeder sehen konnte. Diese Leute aus Ninive, so spricht Jesus weiter, würden am Jüngsten Tag zu Anklägern der Pharisäer, denn jene hätten es um so vieles leichter, ihre Wege zu ändern.
Und genau so — ohne den eingeschobenen Verweis auf Tod und Auferstehung — steht die Geschichte in Lk 11,29-32.
Das Zeichen, das Gott uns Fragenden gibt, wäre dann also überzeugende, zu Herzen gehende vom Geist inspirierte Predigt. Auf manche Menschen wird sie wirken. Es mögen gar hartgesottene Assyrer darunter sein. An anderen wird sie vorbei gehen. Gott spricht, sagte ich meiner Freundin. In der Bibel und in unserem Leben. Ich gab ihr eine Einzelausgabe des Buch Genesis. Einige Leser mögen nun wissen, was ich ihr statt dessen hätte geben sollen, aber dieses Buch und diese Ausgabe hatte mich selbst einst zu Gott geführt, vor 18 Jahren, in einem Flugzeug, und davon hatte ich ihr erzählt. Sie las also das Buch, die Sache war ihr wichtig und sie ging den Dingen gern auf den Grund. Aber sie konnte nichts damit anfangen. Ich sagte ihr, dass Gott wirklich zu uns spreche: persönlich, unmissverständlich manchmal. Das sei zwar nicht „intersubjektiv nachprüfbar“, wie es bei Wissenschaftlern heißt, aber für mich und meinem Glauben ist es so fundamental wie die Bibel. Das hat sie durchaus akzeptiert, was mich betrifft. aber zu ihr spreche Gott eben nicht, sagte sie. Wir waren in verschiedenen Welten, konnten nicht wirklich miteinander reden und waren beide etwas traurig.
Das liegt wieder sehr in der Nähe der am Ende etwas fatalistische Betrachtung zum BdW 39/2024 vor zwei Wochen. Christen sagen, dass das Heil nur jenen zuteil wird, die es glaubend ergreifen. Das wirkt etwas willkürlich und auch zirkulär — wer es nicht sieht, für den ist es nicht da. Irgendwie haben in ihrer jeweiligen Welt beide recht, meine Freundin und ich. Ist das nicht wie Gefangenschaft in einer Todeszelle? Biblisch ist das gut verankert, z.B. in Römer 9, 14ff oder Mat 25,29, und ich leide unter dieser Vorstellung, ich komme nicht zurecht damit. Ich bitte den Herrn inständig, nicht auf das zu sehen, was seine dummen Kinder mit ihrem Kopf denken und für wahr oder falsch halten, sondern auf das, was in ihren Herzen ist.
Bei aller Schroffheit: Jesus verspricht uns etwas, hören Sie es? Das Zeichen des Jona — das ist machtvolle Predigt, Verkündigung, die die Herzen selbst der Assyrer erreicht. Mögen wir solche Predigt hören, bald. Möge sie nach Gaza dringen, nach Tel Aviv, nach Beirut, nach Teheran, nach Moskau und nach Washington. Und auch zu meiner Freundin, einer guten Frau.
Machtvolle Predigt hin zu einer neuen Welt.
Ulf von Kalckreuth