Bibelvers der Woche 19/2024

Und Gad kam zu David zur selben Zeit und sprach zu ihm: Gehe hinauf und richte dem HErrn einen Altar auf in der Tenne Aravnas, des Jebusiters!
2 Sa 24,18

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Pandemie

In der vergangenen Woche wurde Pessach gefeiert, das jüdische Fest des Auszugs der Kinder Israel aus Ägypten. In die Vorgeschichte gehört die Geschichte von den zehn Plagen. Jüdische Kinder lernen diese Plagen vor dem Fest auswendig und malen sie. Die Bibelverse der vergangenen Wochen erinnern mich daran: 16/2024: Blut und Gottes Gericht; 17/2024: Die Sterne und Gottes Gericht; 18/2024: Auf Gottes Weisung stirbt ein Volk. Und nun also 19/2024: Gott sendet eine tödliche Seuche. 

Es geht um eine sonderbare Geschichte. Ausführlicher und noch eindrucksvoller wird sie in 1 Chr 21 erzählt. Sie beginnt damit, dass der „Zorn Gottes abermals entbrannte gegen Israel“ (2 Sa 24,1). Gott „reizt David gegen sie“, und der König ordnet eine Volkszählung an. Diese Volkszählung aber stellte ein todeswürdiges Verbrechen dar, dazu unten mehr. 

Gad, ein Prophet, erscheint vor David. Der König soll zwischen drei Strafen wählen: 1) Das Land erleidet eine sieben Jahre währende Hungersnot, 2) David selbst muss drei Monate lang vor Widersachern fliehen, die ihn verfolgen, und 3) Während dreier Tage wütet eine Pest im Land. David entscheidet sich gegen die zweite Möglichkeit: er will lieber, so sagt er, in die Hand Gottes fallen als in die der Menschen. Und so bricht eine Pest aus, verschlingt in rasender Geschwindigkeit siebzigtausend Menschen im Norden des Landes. Als die Epidemie Jerusalem erreicht und der Todesengel turmhoch über der Stadt steht, gereut es den Herrn, und er gebietet Einhalt. David sieht den Todesengel und bittet darum, dass ihm selbst die Strafe zukommen möge und nicht dem Volk — „was haben diese Schafe getan?“ Gad, der Prophet, weist David an, dem Herrn an dieser Stelle einen Altar zu bauen. Das ist der gezogene Vers, und es war dies der Platz, auf dem später der Tempel entstehen sollte. 

Hat man den Mund wieder zubekommen, steht man vor Fragen.

Warum sollte die Volkszählung ein todeswürdiges Verbrechen sein? Das lässt sich nicht mehr klären. Volkszählungen waren an sich erlaubt. In Ex 30, 11-16 wird eine Kopfsteuer im Zusammenhang mit Zählungen beschrieben. Jeweils zu Beginn (Num 1) und zum Ende (Num 26) der Wüstenwanderung ordnete Gott eine Volkszählung an. Der Name des Buchs Numeri leitet sich von der ersten Volkszählung ab. Ich bin bei meiner Recherche auf eine Diskussion im „Wachturm“ der Zeugen Jehovas gestoßen. Dort gibt es sonst Sicherheit und keine offenen Fragen, aber zur Sündhaftigkeit der Volkszählung muss der Redakteur passen.

Eigentlich aber ist die Sündhaftigkeit der Volkszählung gar nicht entscheidend. Das Urteil war schon früher gefallen. Gottes Zorn war entbrannt, er will das Volk und David strafen, und die Volkszählung sollte der äußere Anlass sein, eine Tat, zu der er selber David reizt. Im parallelen Text der Chronik übrigens ist es Satan, der David provoziert. Gott lässt David die Wahl, die Strafe selbst anzunehmen oder das Volk büßen zu lassen, und David entscheidet sich für die Seuche. 

Aus Sicht der Israeliten klingt die Geschichte etwa so: Gott, der Herr reizt unseren König zu einer schweren Sünde. Diese Sünde rechnet der Herr uns zu, weil unser König es so entscheidet, und wir müssen sterben. Siebzigtausend von uns tötet der Engel des Herrn. Gemeinsam strafen Gott und sein König David uns für etwas, an dem wir keine Schuld tragen. 

An dieser Stelle wird die dunkle Geschichte fast ein wenig kenntlich, nicht wahr? So können viele Opfer vieler Kriege klagen. Aber warum? 

Noch etwas anderes erkenne ich wieder — das Schlüsselmotiv hinter den ägyptischen Plagen. Wir haben sie oben schon angesprochen. Die Plagen trafen die Ägypter, weil ihr Pharao die Israeliten nicht ziehen lassen wollte. Aber der Herr selbst hatte den Pharao „halsstarrig“ gemacht, unfähig, auf neue Gegebenheiten zu reagieren. Er konnte den wiederkehrenden Forderungen Mose nicht nachkommen. Wie ein Automat musste er ablehnen, ein ums andere Mal, und ein ums andere Mal trafen die Plagen sein Volk, darunter auch eine Seuche. Siehe hierzu den Kommentar „Verblendung“ zu BdW 44/2019. Gott wollte den disruptiven Auszug, und der Pharao musste seinen Beitrag leisten.

Hier, in Sam 24, ist Gottes Volk selbst das Opfer. Das will nicht so recht passen zu unserem Bild von Gott: Gott tut so etwas nicht. Oder doch? Warum eigentlich nicht? Genau so sieht unsere Welt doch aus. Vielleicht liegt das Problem bei unserem Bild von Gott. Eigentlich sollten wir gar keines haben. Ein gnädiger Gott ist keine Selbstverständlichkeit, ein gütiger Gott auch nicht. Und wenn er nicht so ist, wie wir ihn gern hätten — nicht gütig, nicht gnädig, nicht zugewandt — dann können wir ihn nicht entlassen, abwählen, zurückgeben und umtauschen, wie wir es so gern tun. In seiner Allmacht steht er uns gegenüber…!

Vielleicht will uns die Geschichte daran erinnern. An ihrem Anfang steht der Zorn Gottes. Bezeichnenderweise endet sie damit, dass ein Platz für den Bau des Tempels gefunden wird. Der gewaltige Bau und der Opferbetrieb soll die Beziehungen zwischen Gott und seinem Volk auf eine regelbasierte und verlässliche Grundlage stellen. Ein Versuch, dem Ausgeliefertsein zu entkommen?

Ich wünsche uns allen eine Woche im Segen des Herrn, frei von Plagen — und mit dem Licht des Friedens in Rafah!

Ulf von Kalckreuth

P.S. Der Zufall oder etwas anderes wollte es, dass ich gestern in der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Frankfurt Geld wechseln musste. Ich wartete in einer Schlange, und bemerkte, dass ich auf einer großen Metallplatte stand, auf der Sterne und ein Komet zu sehen war. Als ich mir die Platte näher betrachtet, konnte ich Worte entziffern: 

Du bist erschrecklich — Wer kan furdirstehen wen du zurnest Anno 1680

Die Platte war nach einer Münze aus dem 17. Jahrhundert gestaltet, mit den Worten aus Psalm 76,8: Furchtbar bist du! Wer kann vor dir bestehen, wenn du zürnest? Das prägten die Menschen sich auf ihr Geld, vor knapp 350 Jahren. Der Kuschelgott, den wir zu kennen glauben, ist jedenfalls nicht sehr alt. 

Bibelvers der Woche 12/2024

Absalom aber floh. Und der Diener auf der Warte hob seine Augen auf und sah; und siehe, ein großes Volk kam auf dem Wege nacheinander an der Seite des Berges.
2 Sam 13,34 

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Anatomie eines Falls

Es ist eine jener Erzählungen, die man nicht so oft hört in Gottesdienst oder Schule. Absalom, der dritte Sohn Davids, hatte alle seine Brüder auf ein großes Fest ausserhalb der Stadt Jerusalem geladen. David selbst hatte die Einladung abgelehnt. Nun erreicht den König in der Stadt die Botschaft, sein Sohn Absalom habe alle Brüder ermorden lassen. David glaubt es sofort, und er zerreißt seine Kleider — verrückt vor Schmerz windet er sich nackt auf der Erde. 

Davids Bruder Jonadab aber sagt: Nein! Absalom habe nur Amnon umgebracht, den ältesten Bruder. Den hasse er unsäglich, seitdem Amnon Absaloms Schwester Tamar vergewaltigt hat. 

Zwei Geschichten treffen hier aufeinander. Eine, die Geschichte Jonadabs, entspringt der Vergangenheit. Der anderen, Davids Interpretation, gehört die nahe Zukunft:

Blutrache (2 Samuel 13)
Ein jeder der sechs Söhne, die David in Hebron zeugte, hatte eine andere Mutter. Das Mädchen Tamar war Absaloms Schwester in vollem Sinne, mit Amnon war sie nur über den Vater verwandt. Amnon aber begehrte seine Halbschwester. Mit einem Vorwand lockte er sie in seine Gemächer und vergewaltigte sie. Dabei kam auf die sexuelle Gewalt noch Blutschande. Amnon entehrte seine Schwester noch weiter. Der Ekel packte ihn, er stieß sie von sich und ließ sie von den Dienern aus dem Haus jagen. Es wäre nun an König David gewesen, die Tat zu sühnen. Er war Vater des Mädchens und zudem oberster Richter. Aber Amnon war sein erster Sohn, und so hielt der König still. Damit ist es jetzt an ihrem Bruder Absalom, die Blutschuld zu rächen…

Aufruhr (2 Samuel 15)
Absalom wiegelt das Volk auf gegen seinen Vater David. Er sammelt ein großes Heer und lässt sich zum König ausrufen. Mit seinen Getreuen flieht David aus der Stadt und beginnt einen Guerillakrieg gegen seinen Sohn. Absalom vergewaltigt demonstrativ, vor den Augen aller, die zehn Nebenfrauen Davids auf dem Dach des Königspalasts. Aber David gibt den Kampf nicht auf. Schließlich nimmt der Krieg eine überraschende Wende…

Als die Katastrophennachricht in Davids Palast eintrifft, halten die Interpretationen einander in magischer Weise die Waage. Blutrache — Aufruhr — was ist hier Wirklichkeit? Beides? Der Vers beendet den Schwebezustand, so wie eine Messung in der Quantenphysik es tut. Von ihren Türmen aus sehen die Wachen eine große Menge Volks kommen. Bald erkennt man die Königssöhne. Sie leben, und nur Amnon ist tot, wie es Jonadab gesagt hat, der es vielleicht vorher wusste… Absalom aber flieht. 

Im Film Anatomie eines Falls stirbt ein Mann, er fällt vom dritten Stock. Er könnte das Opfer seiner Ehefrau geworden sein. Ebenso aber ist Selbstmord möglich. Bis zuletzt bleibt es offen, auf sonderbare Weise ist beides wahr. Das Gerichtsurteil beruht schließlich auf der Aussage des zehnjährigen, fast blinden Sohns, der sich für eine der beiden Interpretationen entscheidet. Ich habe den Film vor ein paar Tagen gesehen, in der vergangenen Woche bekam er den Oskar 2024 für das beste Originaldrehbuch. 

Diesen Oskar hätten die Autoren der uralten Samuelbücher auch verdient! Davids Interpretation trägt gerade so viel Wirklichkeit in sich wie die Jonadabs. An welchem Punkt hat Absalom sich eigentlich gegen Aufruhr entscheiden? Als David die Einladung ausschlug und in der stark befestigten Stadt blieb? Was ist Wirklichkeit? Ist beides nicht am Ende dasselbe, der spätere Aufruhr die Folge der Gewalttat des Bruders, gedeckt durch den Vater?

Die Begründungszusammenhänge verschränken sich. Die Bibel kann das… Rund tausend Jahre nach Absalom kommt Jesus nach Jerusalem, auch er ein Sohn Davids. Auf dem Weg in die Stadt wird er verehrt wie ein König. Die Menschen streuen Palmzweige für ihn, den sie als ihren Messias erkennen, und lassen seinen Esel über ihre Kleidern gehen. In der Stadt aber erwartet ihn der Foltertod und eine Krone aus Dornen.

König? Delinquent? Was ist wahr? Beides verschränkt sich.

Der Herr segne unsere Woche,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 21/2023

Und Amasa hatte nicht acht auf das Schwert in der Hand Joabs; und er stach ihn damit in den Bauch, dass sein Eingeweide sich auf die Erde schüttete, und gab ihm keinen Stich mehr und er starb. Joab aber und sein Bruder Abisai jagten nach Seba, dem Sohn Bichris.
2 Sa 20,10

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Ein heimtückischer Mord

Ein Bild. Amasa und Joab — Waffenbrüder eigentlich, und Vettern, und beide im Generalstab König Davids — begegnen sich auf der Jagd nach dem Aufrührer Seba. Joab nähert sich Amasa, um ihn freudig zu umarmen, fasst ihn dabei am Bart, wie es Sitte zu sein scheint, und sticht ihn dann heimtückisch in den Bauch, gänzlich unversehens sowohl für das Opfer wie auch für den Leser. 

Er gab ihm keinen Stich mehr — hinter diesen harmlos klingenden Worten steht, dass Joab dem mit herausquellenden Eingeweiden am Boden liegenden Amasa den Gnadenstoß verweigert und ihn langsam sterben lässt, über Stunden vielleicht.

Was ist hier geschehen? Amasa hatte sich in der Vergangenheit Absalom angeschlossen, in dessen Revolte gegen seinen Vater David, siehe dazu den BdW 05/2020. Damals führte Joab den Krieg für König David. Joab gewann schließlich die entscheidende Schlacht und tötete Absalom eigenhändig und höchst grausam mit drei Holzstäben, die er dem wehrlos an einem Baum hängenden Königssohn in den Leib rammte — gegen den ausdrücklichen Befehl des Königs. David entzieht daraufhin Joab das Kommando und überträgt es Amasa, dem General seines toten Sohns, um das Land zu befrieden.

Mit dem heimtückischen Mord an Amasa nutzt der degradierte Joab die erste sich bietende Gelegenheit, den Konkurrenten und Widersacher zu beseitigen. Einen ganz ähnlichen Mord hatte Joab schon viel früher begangen, an einem Feldhauptmann Sauls, der zu David übergelaufen war (2Sa 3,27). Nun ist Joab unbeschränkter Herr der Streitmacht des vereinten Israels. Dem alternden David graut es — er unternimmt nichts mehr gegen Joab, aber auf dem Sterbebett trägt er seinem Sohn Salomon auf, die Tat zu rächen (1Kö 2,5f). Der junge neue König vertut keine Zeit. Umstandslos lässt er Joab vor dem Altar des Herrn erstechen, zu dem jener flieht (1Kö 2,30ff). 

Zurück zum Bild. Amasa windet sich sterbend auf dem Boden. Was tun damit? Als ich begann, einen „Bibelvers der Woche“ zufällig zu ziehen, wusste ich, das ich dabei auf Dinge stoßen würde, über die man sonst nicht spricht. Wer würde solche Geschichten seinen Kindern vor dem Einschlafen vorlesen? Erbauung sucht man hier vergebens, dazu sind diese Berichte nicht geschrieben. Sie sind zu grausam, um nicht wahr zu sein — niemand würde die Entourage Davids in dieser Weise erfinden. 

Und Gott schweigt beharrlich. Vielleicht ist das ein Schlüssel? Vielleicht sollen wir hier sehen, was ist, aber nicht sein soll? Wahrheit ohne Gott?

Wenn es so ist, dann darf ich uns eine gesegnete Woche wünschen, in Frieden und mit Freude im Herzen, mit Ehrfurcht vor dem Leben, der Schöpfung des Höchsten, und vor Gott selbst.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 08/2022

…von Syrien, von Moab, von den Kindern Ammon, von den Philistern, von Amalek, von der Beute Hadadesers, des Sohnes Rehobs, König zu Zoba.
2 Sa 8,12

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017. Der gezogene Vers ist ein Fragment. Hier ist der vollständige Satz, 2 Sa 8, 1+12:

Auch diese heiligte der König David dem HERRN samt dem Silber und Gold, das er geheiligt hatte von allen Völkern, die er unterworfen hatte, von Aram, von Moab, von den Ammonitern, von den Philistern, von Amalek und von dem, was er erbeutet hatte von Hadad-Eser, dem Sohn Rehobs, dem König von Zoba.

David sammelt Geld und Güter für den Bau des Tempels… bei anderen! Für den Zusammenhang siehe auch den Kommentar zum BdW 27/2021, eine Parallelstelle aus der Chronik.

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 05/2020

Und da Husai hinein zu Absalom kam, sprach Absalom zu ihm: Solches hat Ahithophel geredet; sage du, sollen wir’s tun oder nicht?
2. Sam 17,6

Der Vers ist uneingeschränkt zufällig gezogen aus der Lutherbibel 1912. Hier ist ein Link zum Kontext in der Lutherbibel 2017.

Wahrheit und alternative Wahrheit

In unserem Vers steht ein richtiger Rat einem falschen gegenüber, einem Rat, der den Untergang des Beratenen bezweckt. Nun muss der Herrscher richtig von falsch unterscheiden können — sein Leben hängt davon ab. 

Es herrscht Bürgerkrieg. Absalom hat sich gegen seinen Vater David aufgelehnt. Das Volk ist mit dem jungen und strahlenden Absalom, und David verlässt die Stadt Jerusalem, bevor es zu spät ist. Mit einem Gefolge treuer Anhänger lagert er am Rand der Wüste, demoralisiert, aber noch nicht geschlagen.

Guter Rat gilt überall in der Bibel als kriegsentscheidend, und mit Ahitofel hatte Absalom als Berater eine wahre Wunderwaffe von David abgezogen. Von ihm wird gesagt: „Wenn damals Ahitofel einen Rat gab, dann war das so, als wenn man Gott zu etwas befragt hätte, so viel galten Ahitofels Ratschläge bei David und bei Absalom. 

Als David hört, dass Ahitofel übergelaufen war, betet er „Herr, mach Ahitofels Rat zu Torheit.“ Und er bittet einen anderen Berater, seinen Freund Huschai, gleichfalls nach Jerusalem zurückzukehren und seine Dienste dem Sohn anzubieten. Er soll den Ratschlag Ahitofels zunichte zu machen. Und tatsächlich: Absalom nimmt beide Männer Davids in seinen Dienst.

Und schnell stehen sich zwei Wahrheiten zweier Berater gegenüber. Ahitofel rät, die Schwäche Davids auszunutzen und diesen mit allem, was unmittelbar verfügbar ist, sofort zu verfolgen, zwölftausend Mann immerhin. Absalom findet den Ratschlag gut. Er beschließt aber, auch Huschai zu befragen. Der rät zum Gegenteil. Eine rasche Reaktion aus dem Stand, sagt er, könne Verluste bedeuten, und in der unübersichtlichen Gemengelage des Bürgerkriegs kann schnell das Gerücht entstehen, Absalom hätte eine entscheidende Niederlage erlitten. David habe eine ungeheure Reputation als Kämpfer, die Absalom schnell gefährlich werden könne. Daher soll er den nächsten Schritt gut vorbereiten und den Schlag erst dann führen, wenn seine Übermacht erdrückend ist. 

Beides klingt begründet. Ahitofel argumentiert mit der Demoralisierung Davids und seiner Truppe, er weist auf eine Chance hin. Huschai stellt das Risiko in den Vordergrund, er warnt vor der Kämpfernatur Davids und seinem gewaltigen Ruf, die einen kleinen Fehler zum Verhängnis machen können. Der Leser weiß, dass Huschai ein Agent Davids ist, Absalom weiß es nicht.

Und er wählt falsch. In diesem Moment verliert er den Krieg und sein Leben. David wird über die Entscheidung informiert und reagiert rasch. Er zieht sich in die Wüste zurück, die er so gut kennt, und ordnet seine Kräfte neu. Wenig später kann er seinen Sohn vernichtend konfrontieren. 

Über Ahitofel wird noch folgendes berichtet: „Als aber Ahitofel sah, dass sein Rat nicht ausgeführt wurde, sattelte er seinen Esel, machte sich auf und zog heim in seine Stadt, und bestellte sein Haus, und erhängte sich und starb und wurde begraben in seines Vaters Grab.“ 

Wie hätte Absalom richtig wählen können? In der Bibel gilt die Fähigkeit, richtig und falsch unterscheiden zu können, als Gabe Gottes. Gott stand hier auf Seiten Davids. Viel später geschieht etwas Vergleichbares, wieder in Jerusalem, als König Zedekia eine folgenreiche strategische Entscheidung treffen muss, siehe BdW 2019 KW 31. Der Prophet Jeremia spricht wahr, aber Zedekia kann es nicht erkennen und soll es auch gar nicht. 

Im Vers sind richtig und falsch verschiedene Interpretationen derselben Wirklichkeit. Manchmal stehen solche Interpretationen vor uns wie Zwillinge, und wenn wir uns entscheiden, teilt sich die Welt. Der Herr kann uns das richtige fühlen lassen. Er schütze uns vor Verblendung in dieser Woche,

Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 30/2017

Denn du, HErr Zebaoth, du Gott Israels, hast das Ohr deines Knechts geöffnet und gesagt: Ich will dir ein Haus bauen. Darum hat dein Knecht sein Herz gefunden, dass er dieses Gebet zu dir betet.
2 Sam 7,27

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

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