Sonne und Mond werden sich verfinstern, und die Sterne werden ihren Schein verhalten.
Joel 4,15
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.
Tag des Herrn
Der Vers ist Teil einer Apokalypse, das sieht man sofort. Das Buch Joel ist kurz, vier Kapitel nur, und seinen Inhalt fasst Wikipedia wie folgt zusammen: Joel prophezeit Gottes Gericht, das wie eine Heuschreckenplage hereinbricht, und Gottes Gnade; sowohl zu seiner Lebzeit, als auch in der Zukunft, am Tag des Herrn, dem endgültigen Gericht Gottes.
Um diesen Tag des Herrn geht es im Vers. Das Volk Israel hat nach schrecklichen Katastrophen als Strafe Gottes die Gnade des Herrn wiedererlangt. Gott gießt seinen Geist aus über alles Fleisch. Im Tal Joschafat — der Name bedeutet „Gott wird richten — wird Gericht gehalten. Die „Völker“ versammeln sich, ihre Armeen und alle Starken, und der Herr zieht sie zur Rechenschaft für das, was sie seinem Volk angetan haben.
Der Tag des Herrn. Gezogen habe ich den Vers abends am Donnerstag, den 5.10. Ich ziehe immer eine Woche vorher, um Zeit für eine Betrachtung zu haben, und diesmal sogar etwas früher, weil wir auf Reisen gehen wollten. Das fühlte sich diesmal gespenstisch an. Am Samstag überfiel die Hamas Israel. Viele hundert Menschen wurden getötet oder entführt und nun steht ein großer Krieg mit Bodenoffensive im Gaza-Streifen vor der Tür. Am selben Samstag erschütterte ein furchtbares Erdbeben Afghanistan, mit tausenden Toten. In der Ukraine geht das Sterben weiter. Für uns selbst endete, ebenfalls am Samstag, eine Zusammenkunft der Großfamilie in einer großen und gänzlich unerwarteten Enttäuschung. Und immerzu hatte ich den Vers im Kopf.
Hier, in Frankfurt am Main, ist alles höchst sonderbar friedlich — kein Krieg oder Bürgerkrieg, kein Hunger, keine Erdbeben, nicht Dürre noch Flut, die Versorgung mit medizinischen Leistungen ist gut, die meisten Menschen können ohne Sorgen heiraten, Kinder bekommen und alt werden. Atemberaubend. Im Alten Testament könnte das als Beschreibung des Reichs Gottes durchgehen. Dabei treffen sich hier wirklich die „Völker“. Unter den Jüngeren in Frankfurt geraten die ethnisch Deutschen in die Minderheit. Der Umgang miteinander ist pfleglich und gut, meistens jedenfalls. Ist das — normal? Wie kommen wir dazu? Was können wir tun, es zu erhalten?
Der Vers und sein Umfeld sind bildmächtig. Die Illustration, die Sie oben sehen, habe ich mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz Dall-E erzeugt. Als Anweisung habe ich ihr einfach die Verse 4,14b und 15 in englischer Sprache gegeben — das und sonst nichts. Das Bild trifft mein Gefühl.
Der Herr möge seinen Segen geben und seinen Zorn von uns wenden.
Ulf von Kalckreuth