Bibelvers der Woche 40/2023

Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern: …
Mat 26,1

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Zwischenüberschrift? 

„… Ihr wisst, dass in zwei Tagen Passa ist; und der Menschensohn wird überantwortet werden, dass er gekreuzigt werde“ — so führt Matthäus den angefangenen Satz fort. Jesus kündigt seinen Tod an. Der Satz steht zwischen einem großen Abschnitts mit Jesu Worten über die Endzeit der Welt und dem Bericht über sein eigenen Ende: Verrat, Urteil, Folter, Tod.  

Ist der Satz so gefallen? Ich meine: an dieser Stelle? 

Im Anschluß beschreibt Matthäus die Salbung von Betanien. Als Jesus zu Tisch saß, tritt eine Frau tritt herzu und salbt ihn — kostbares Salböl aus einem Alabastergefäß, wie für einen König. Das Salböl ist ein Vermögen wert und die Jünger reagieren unwillig: statt Jesus damit zu salben, hätte die Frau es den Armen geben können. Jesus weist die Jünger zurecht: die Salbung erfolgt zu seinem Begräbnis, sagt er, sie nimmt seinen Tod vorweg, und ewig wird man dessen gedenken, was die Frau getan hat. 

Ohne die Leidensankündigung unmittelbar zuvor wäre dies eine geheimnisvolle und eindrückliche Begebenheit: Eine fremde Frau sieht, was sonst niemand sieht, einer Prophetin gleich, und mit ihrer Zeichenhandlung erweist sie Jesus Ehren, die einem König zukommen, die aber auch auf seinen Tod weisen und darüber hinaus. Die Geste kommt aus einer anderen Welt, wie die Taube bei Jesu Taufe. Die Jünger aber sind in ihrer eigenen Welt und reagieren so, wie sie es eben vermögen. Es ist Jesu Zurechtweisung, die schließlich die beiden Welten verbindet.

Mit der Leidensankündigung wird eine andere Geschichte daraus. Die Frau mit ihrem Salböl hätte einfach das Naheliegende getan. Der Unwille der Jünger aber wird zu Dummheit und Impertinenz, und der Satz: „Wozu diese Vergeudung? Es hätte teuer verkauft und das Geld den Armen gegeben werden können“ schließlich wäre blanke Beleidigung des Meisters. An diesem Punkt hätte Jesus, statt die Jünger zurechtzuweisen, auch aufstehen können und gehen…

Welche der beiden Geschichten mögen Sie lieber? 

Unsere Bibelausgaben sind voll von Überschriften und Zwischenüberschriften. In meiner Bibel ist Abschnitt 26 überschrieben mit „Jesu Leiden, Sterben und Auferstehung“. Diese Überschriften aber gibt es in den hebräischen und griechischen Originaltexten nicht, ebensowenig wie die Unterteilung in Abschnitte. Die Verfasser mussten andere Wege finden, um größere Sinnabschnitte abzugrenzen und Lesern die Orientierung zu ermöglichen.

Ich selbst hoffe, dass Matthäus die Leidensankündigung aus editorischen Gründen an diese Stelle platziert hat. Die Jünger jedenfalls haben den Schuss bis zum Schluß nicht gehört. Als Jesus tatsächlich am Kreuz starb, traf es sie völlig unvorbereitet.

Die Gnade sei mit uns allen.
Ulf von Kalckreuth

Das Buch der Bücher: eine Fahrt ins Blaue

Ich begrüße Sie! Es ist wieder Buchmesse in Frankfurt. Eine große Industrie feiert sich: das organisierte Wissen der Welt, Kultur, Meinung, aber auch Unterhaltung, Selbstdarstellung, Show… Und wie schon im vergangenen Jahr begleitet der „Bibelvers der Woche“ die Buchmesse als akkreditierter Blog. Das ist gut und richtig so. Denn wie begann das alles?

Ein revolutionäres Werk trifft auf eine revolutionäre Technik. Martin Luther hatte die Bibel, das spirituelle Herz und kulturelle Codebook der westlichen Welt, sprachlich für jedermann verfügbar gemacht. Und mit einer genialen Erfindung, dem Buchdruck mit beweglichen Lettern, ermöglichte es Johannes Gutenberg, dass dieses Werk zu einem Bruchteil seines früheren Preises den Massen auch ökonomisch zugänglich wurde. Damit änderten die beiden — alles.

Die Welt des Buchs allemal. Nach Angaben des Deutschen Bibelwerks ist die Bibel heute vollständig in 733 Sprachen übersetzt, Teile davon gar in 3610 Sprachen. Die Gesamtauflage liegt laut Statista bei bis zu drei Milliarden Exemplaren. Damit ist sie das mit Abstand meistverkaufte Buch der Welt. Und sie ist Mutter einer ganzen Industrie: vieler Tausend religiöser Verlage, christlich und jüdisch, mit Hunderttausenden von Titeln, die sich alle auf dieses Werk beziehen.

Dieser Blog wählt einen Zugang, der nicht makroskopisch ist, sondern mikroskopisch. Jede Woche wird ein einzelner Vers gezogen, in seinen Zusammenhang gestellt, beleuchtet und darauf abgeklopft, was er sagt — heute sagt. Nach und nach, Woche für Woche, Ziehung für Ziehung, entsteht hierbei ein im Wortsinne empirisches Bild der Bibel, das man sich durch ein geschlossenes Werk nicht holen kann. Es ist eine echte Fahrt ins Blaue.

Fahren Sie mit!

Bibelvers der Woche 24/2023

Wenn dann die Fußsohlen der Priester, die des HErrn Lade, des Herrschers über alle Welt, tragen, in des Jordans Wasser sich lassen, so wird das Wasser, das von oben herabfließt im Jordan, abreißen, dass es auf einem Haufen stehen bleibt.
Jos 3,13

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Zeichen und Wunder

Vor einiger Zeit hatten wir mit BdW 06/2018 einen Vers in der unmittelbaren Nachbarschaft, dessen Betrachtung ich jetzt ein wenig fortspinnen kann.

Josua ist neuer Führer der Israeliten und bekommt von Gott Autorität geschenkt — beim Einzug der Kinder Israel ins Heilige Land wiederholt sich für ihn im Kleinen das Wunder, das unter Mose im Großen den Auszug, die Flucht aus Ägypten, ermöglicht hat. Wie damals im Schilfmeer teilen sich nun die Wasser des Jordan: oberhalb staut sich das Wasser auf wie durch eine unsichtbare Mauer, so dass Priester und Kämpfer den Fluß trockenen Fußes durchschreiten können. 

Die Kinder Israel durchschreiten trockenen Fußes den Jordan.
Ulf von Kalckreuth mit Dall-E, 6. Juni 2023

Es ist dies „nur“ eine Erinnerung, ein Zeichen — die Durchquerung des Jordan wäre auch ohne dies möglich gewesen. Später aber schenkt Gott dem Josua ein eigenes Wunder: auf sein Gebet hin bleiben Sonne und Mond fast einen Tag lang stehen und ermöglichen den Israeliten die Fortführung einer günstig verlaufenden Schlacht, siehe Jos 10,13-15. Auch dieses Wunder erhält ein fernes Echo. Auf Hiskias flehendes Gebet hin gibt Gott dem Todkranken fünfzehn weitere Jahre Lebenszeit, und um die Heilung zu bestätigen, lässt er die Sonnenuhr rückwärts gehen, siehe 2 Kö 20,8ff und BdW 09/2019. Auch hier hat die Wiederholung Zeichencharakter: die Heilung Hiskias selbst hat mit dem Wunder nichts zu tun. 

Da ist eine Art Handschrift, eine Semantik. Die Wunder setzen den klassisch physikalischen Gang der Dinge einfach aus. Eine Wassersäule steht, und statt mit der Schwerkraft zu fallen und im Fallen sich auszubreiten, bleibt sie einfach weiter stehen. Und Himmelskörper — scheinbar der Mond und die Sonne, in Wahrheit aber die Erde selbst — halten in ihrer Rotation inne. Eine äußere Kraft, die das Drehmoment der Erde in kurzer Zeit überwindet, und anschließend wieder herstellt, müsste die Erdoberfläche zerstören und alles Leben unmöglich machen. 

Es wird gesagt, dass Gott durch die Naturgesetze spricht — hier spricht er durch ihre Aufhebung, in denkbar machtvoller Weise. 

Aber noch ein Zeichen gibt Gott am Jordan, vielleicht an derselben Stelle, aber über tausend Jahre später. Es kommt ohne Eingriff in die Naturgesetze aus. Gott spricht selbst, in direkter Rede. In allen Evangelien wird berichtet, wie Jesus sich von Johannes taufen lässt: 

Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald heraus aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe (Mt 3,13f). 

Gott bestätigt Jesus in der Öffentlichkeit, wie er Josua bestätigt hat, ebenso eindrucksvoll, aber es geschieht mit einer ganz anderen Semantik. Warum? Ich weiss es nicht. 

Ich wünsche uns eine gesegnete Woche!
Ulf von Kalckreuth

P.S. Gestern konnte ich für ein paar Stunden den Kirchentag in Nürnberg besuchen — und als ich die Kirchentags-App öffnete, um sehen, was ich mit dieser Zeit anfangen kann, fand sich auf meinem Bildschirm meines Handys plötzlich eine jüdisch-christliche Diskussion zu 2. Kö 20, der Geschichte von Hiskias Heilung und der Sonnenuhr, die rückwärts läuft. Darüber hatte ich doch gerade erst geschrieben! Natürlich ging ich hin. Ein klitzekleines Zeichen vielleicht für mich…

Ende der Kommentierung

Der BdW 07/2022 ist ein guter Abschluss. Ich fühle mich mit der Kommentierung überfordert. Seit über vier Jahren begleitet mich die Arbeit daran durch die Woche — meist habe ich sonntags angefangen, Material, Ideen und Assoziationen zu sammeln, und am Freitagabend sollte es druckreif im Netz stehen. Jetzt gibt es 216 solcher Kommentare. Mit vielleicht anderthalb Seiten je Kommentar ist das ein stattliches Buch. 245 Bibelverse habe ich insgesamt gezogen, das sind fast 0,8% der ganzen Bibel!

Ich werde vielleicht einmal darüber schreiben, was ich dabei gelernt habe. Es ist viel. Als ich anfing, kannte ich die Bibel kaum, heute liegt sie wie eine Höhle voller Schätze vor mir, und ich halte ein Öllämpchen in der Hand, mit dem ich diese Schätze sehen kann — manches davon funkelt leuchtend, anderes schimmert schemenhaft im Hintergrund.

Die Website steht, und ich werde sie erhalten. Ich will auch vorerst weiter ziehen und manchmal vielleicht das nötigste dazu sagen. Vielleicht findet sich jemand, der einen Kommentar abgeben will, vielleicht sind Sie es? Technisch ist es ganz leicht, am Ende eines jeden Beitrags steht ein Kommentarfeld, Was Sie dort schreiben, steht unter dem Bibelvers, nach einer Freigabe durch mich.

Ich wünsche uns eine gute Reise durchs Leben,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 30/2017

Denn du, HErr Zebaoth, du Gott Israels, hast das Ohr deines Knechts geöffnet und gesagt: Ich will dir ein Haus bauen. Darum hat dein Knecht sein Herz gefunden, dass er dieses Gebet zu dir betet.
2 Sam 7,27

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

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