Das Salz ist ein gutes Ding; wo aber das Salz dumm wird, womit wird man’s würzen?
Lk 14,34
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.
Dummes Salz
Der Vers wirkt durchaus rätselhaft. In dem Abschnitt, aus dem er stammt, geht es um Nachfolge, und im Zusammenhang lautet er (in der Übersetzung von 1984):
Das Salz ist etwas Gutes; wenn aber das Salz nicht mehr salzt, womit soll man würzen? Es ist weder für den Acker noch für den Mist zu gebrauchen, sondern man wird’s wegwerfen. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Auch in Matthäus 5,13 ist der Vers zu finden, in der Bergpredigt. Dort ist der bekannte Satz vorangestellt: „Ihr seid das Salz der Erde!“
Luther übersetzt, dass das Salz „dumm“ werden könne, andere übersetzen „töricht“. Ich bin des Griechischen nicht kundig, aber ich habe mir von meiner Frau sagen lassen, dass dies die Hauptbedeutung des zugrundeliegenden Verbs ‚morantä‘ ist — sich als töricht erweisen. Es gibt eine Nebenbedeutung: „fade werden, den Geschmack verlieren“. Die moderne Übersetzung oben greift darauf zurück.
Das ergibt Sinn, auf den ersten Blick jedenfalls, aber dann fragt man sich: Wie kann Salz denn aufhören, salzig zu sein? Im Internet ist zu lesen, dass in Judäa das Salz vom Toten Meer komme und die sonderbare Eigenschaft habe, nach einiger Zeit seinen Geschmack zu verlieren. Naturwissenschaftlich orientierte Menschen melden sich zu Wort und sagen, dass Salz seine chemischen Eigenschaften behalte, solange es Salz sei. Punkt,
Das ist wohl der Schlüssel. Jesus liebte Antinomien, Widersprüche. Salz kann gar nicht aufhören, salzig zu sein, sonst ist es kein Salz. Salz würzt Speisen nicht nur, sondern macht sie haltbar. Das war von überragender Bedeutung, als es zur Konservierung kaum andere Möglichkeiten gab. Salz hatte einen ungeheuren ökonomischen Wert. Die Nachfolger Jesu sollen präsent sein und erkennbar bleiben, bewahren und forttragen. Sie sollten den Unterschied machen, so lese ich es — und sie können auch gar nicht anders, sonst wären sie keine Nachfolger.
Ja. Vielleicht kann man das verallgemeinern. Wenn wir aufhören, in die Welt als das zu gehen, was wir sind, sind wir wie salzloses Salz, ein Widerspruch in sich, unnütz — dumm, töricht? — ein Ärgernis jedenfalls.
Gottes Segen sei bei uns in dem, was wir sind — so sind wir gewollt,, etwas anderes können wir letztlich nicht sein, und wenn wir’s versuchen, sind wir nichts.
Ulf von Kalckreuth