Bibelvers der Woche 46/2024

Da aber Jakob sah Rahel, die Tochter Labans, des Bruders seiner Mutter, und die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter, trat er hinzu und wälzte den Stein von dem Loch des Brunnens und tränkte die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter.
Gen 29,10

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Die Frau, die Herde, der Brunnen

Hier kondensiert die ganze Geschichte — in einem einzigen Bild. Jakob, der Flüchtling, sieht Labans Tochter Rahel, und er begehrt sie sofort. Für sie wird er 14 Jahre lang dienen. Und Jakob sieht die Schafe Labans. An ihnen wird er sich abarbeiten müssen während dieser vielen Jahre. Aber Labans Tochter wird seine Frau sein, und sie wird ihm Söhne schenken, und Labans Schafe werden ihn reich machen. So wird es sein. Hier, mit diesem Vers, bricht Jakob in die Szene ein. Er kennt niemanden, und das Drehbuch hat er noch nicht verstanden. Er sieht die Frau und die Herde. Die Herde kommt auf ihn zu, die Frau sieht ihn an. Er bringt beides zusammen und greift ein: gegen die Regel und zu seinem Vorteil. 

Dabei ist die Regel wertvoll,. Das wenige Wasser soll gerecht geteilt werden zwischen allen, die ein Anrecht darauf haben, ohne gewalttätigen Streit, und ohne dass jeder früher dort sein muss als die anderen. Deshalb liegt ein Stein auf dem Brunnen, der erst entfernt wird, wenn alle Herden da sind. Jakob sieht, dass Rahels Schafe bis zum Abend noch einige Zeit weiden könnten, wenn man sie jetzt tränkt. Er will die junge Frau beeindrucken und sich dem Onkel zu empfehlen, den er noch gar nicht kennt. Die Regel drückt er beiseite: Er tritt zum Brunnen und deckt ihn auf. In der Bilderwelt des Alten Testaments hat das eine erotische Konnotation.  

Diese Miniatur charakterisiert Jakob perfekt. Auf dem Weg zu dem, was er will, wird Jakob immer wieder Regeln brechen. Der Showdown mit Laban, viele Jahre später, ist ein zweites Bild, in dem alles zusammenläuft, siehe BdW 15/2921.

Jakob sieht. Er kann gar nicht erkennen, was er sieht. Träume sind mächtig. Sie prägen unser Schicksal. Und sie tragen die Tendenz in sich, Wirklichkeit zu werden. Der Herr lasse uns sehen. Und er gebe uns das Gespür für die rechten Mittel. 
Ulf von Kalckreuth 

P.S. Das Bild steht ja eigentlich schon. Deshalb habe ich mit GhatGPT an einer Illustration gearbeitet. Es hat ein wenig gedauert, aber ich finde, wir haben es recht gut gemacht. 

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