Bibelvers der Woche 24/2018

Doch daß zwischen euch und ihr Raum sei bei zweitausend Ellen. Ihr sollt nicht zu ihr nahen, auf daß ihr wisset, auf welchem Weg ihr gehen sollt; denn ihr seid den Weg bisher nicht gegangen.
Jos 3,4

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Mindestabstand

Seit dem Vers der letzten Woche ist eigentlich nur eine logische Sekunde vergangen. Zwischen dem Ende des 4. Buchs Mose und dem Anfang des Josua-Buchs liegt zwar das ganze Deuteronomium, aber dieses enthält kaum neue Handlung. Das Volk Israel liegt immer noch am Jordan, gegenüber Jericho. Mose ist gestorben und Josua hat die Führung übernommen. Er hat nun den Befehl gegeben, den Jordan zu überqueren. Die Würfel fallen…

Jericho liegt 7 km westlich vom Jordan und 5 km nördlich vom Toten Meer in einer unwirtlichen Gegend. Zwei Späher hatten die Topographie um Jericho und die Lage in der Stadt erkunden, aber sonst kannte sich niemand aus. Wie nun den Marsch koordinieren? Josuas Lösung: Der HErr sollte führen, die Bundeslade vorangehen, getragen von levitischen Priestern. Die Lade ist für den Marsch ein „moving target“, die Israeliten sollen ihren Marsch an ihr ausrichten. Und nun dieser merkwürdig klingende Befehl: „Ihr sollt nicht zu ihr nahen, auf dass ihr wisset, auf welchem Weg ihr gehen sollt, denn ihr seid diesen Weg bisher nicht gegangen“. Mindestabstand 2000 Ellen, etwa ein Kilometer!

Die in Numeri beschriebene zweite Volkszählung hatte ergeben, dass die Streitmacht der Israeliten zu Beginn der Landnahme mehr als 600.000 Mann umfasste — das ist etwa die dreifache Größe der Bundeswehr von heute. Sie alle sollten sich an der Bundeslade ausrichten. Man kann sich ausmalen, was ohne dies Abstandsgebot geschehen würde. Große Gruppen, Trauben von Menschen, würden die Lade einhüllen. Diejenigen, die weiter hinten wären, könnten sie nicht mehr sehen, und die weiter vorne stünden, hätten keine Orientierung mehr im Raum. Die Krieger würden richtungslos im wüstenhaften Gelände mäandern, sich im Kreise um sich selbst und um die Lade drehend und könnten nur durch blanken Zufall in die Nähe von Jericho gelangen. Schlimmer noch: wenn jeder möglichst nahe dran sein wollte, könnte es zu einer unkontrollierbarer kollektiven Dynamik kommen. Das klingt absurd, aber die „Love Parade“ in Düsseldorf steht uns vor Augen.

Auf der Handlungsebene ist die Anordnung von Josua also ohne Alternative. Und im übertragenen Sinne? Wieviel Abstand brauchen wir zu dem, das uns die Richtung weisen soll? Wieviel Abstand von unseren Zielen? 

Als Vater fällt mir ein, dass man mit Abstandslosigkeit Kindern auf die Dauer nichts Gutes tut. Kenntlich, als Orientierungspunkt und Autorität, ist man nur in gewisser Distanz. Aber auch den eigenen Zielen, Prioritäten, Wünschen und Bedürfnissen gegenüber muss man als Erwachsener inneren Abstand wahren, um den Überblick zu behalten und ein Gefühl dafür, in welche Realität, welche Topographie sie eigentlich eingebettet sind. Und eine dritte Ebene gibt es: Wir denken uns Gott heute gern harmlos, weil er „gut“ ist. Die Bibel ist jedoch voller Verweise darauf, dass Gott in seiner Größe für uns ohne Abstand schlicht unerträglich ist, ja tödlich sein kann. Auch das schwingt im gezogenen Verse mit.

Also: 2000 Ellen lebensrettender Mindestabstand. 

Ich wünsche uns eine gute Woche!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 06/2018

Und der HErr sprach zu Josua: Heute will ich anfangen, dich groß zu machen vor dem ganzen Israel, dass sie wissen, wie ich mit Mose gewesen bin, also sei ich auch mit dir.
Jos 3,7

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 2017.

Autorität herstellen

Nach vierzigjähriger Wanderschaft in der Wüste macht sich das Volk Israel daran, das vom Herrn versprochene Land einzunehmen. Israel fällt von Osten her in Kanaan ein. Als Sperriegel sind die Stadt Jericho mit seiner Mauer und der vorgelagerte Fluß Jordan zu überwinden. Josua, der neue militärische Führer in der Nachfolge des gerade verstorbenen Mose, hat Späher nach Jericho geschickt, die berichten, dass die Stadt starr vor Angst sei. 

Der Jordan ist kein großer, reissender Fluß, eher ein großer Bach. Man könnte ihn mit Behelfsbrücken oder Flößen überwinden, oder eine Furt suchen. Aber an dieser Stelle geht es um etwas anderes. Josuas Autorität ist nicht gefestigt, das Volk konnte noch kein Vertrauen in seine Führung sammeln, und dieses Vertrauen ist die wichtigste Ressource im bevorstehenden Krieg.

Um Josua die Autorität Moses zu verleihen und um zu demonstrieren, dass er wie jener Gottes volle Unterstützung hat, spiegelt Gott das Wunder vom Schilfmeer und zitiert sich dabei selbst. Der Jordan staut sich oberhalb des Lagerplatzes der Israeliten auf, unterhalb fließt das Wasser ab — das Volk kann trockenen Fußes mit der Bundeslade über den Jordan gehen. Im Bibelvers der Woche kündigt Gott dem Josua sein Vorgehen an. 

Josua lässt zwölf Steine aus dem Jordan bringen und am Ufer aufstellen, und er richtet zwölf weitere Steine im Jordan auf, um die Stelle zu markieren und an das Wunder zu erinnern, das ihm für alle sichtbar die Autorität der Führerschaft verlieh und dem Volk den Sieg zugesagt: Gottes Hilfe sprengt alle Hindernisse. Nun liegt sie unmittelbar von den Israeliten: die Mauer von Jericho.

Viele Grüße und uns allen eine gute Woche,
Ulf von Kalckreuth