Bibelvers der Woche 38/2024

Bei unsrem Ruhm, den ich habe in Christo Jesu, unsrem Herrn, ich sterbe täglich.
1 Ko 15,31

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Noch einmal: worauf es ankommt

Nichts, so sagt Paulus, ist wichtiger als die Auferstehung der Toten. Paulus schreibt an die Korinther, Dort hielten einige die Auferstehung der Toten für einen frommen Wunsch. Auch im Judentum gab es zwei Fraktionen. Die eher progressiven Pharisäer, zu denen Paulus selbst einst gehörte, glaubten fest an die Auferstehung, die priesterlich-konservativen Sadduzäer dagegen nicht.  

Für Paulus aber st der Glaube nichtig, Schall und Rauch, wenn es die Auferstehung nicht gibt: 

Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. (V. 16-19)

Dann denkt er darüber nach, was die Qualen und Leiden wert sind, die er selbst des Glaubens wegen erduldet. Er sterbe jeden Tag für den Glauben, so unser Vers, aber welchen Sinn hätte das alles, wenn es die Auferstehung nicht gibt? Wäre es so, schreibt er,  dann „lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot“. Paulus steht die Auferstehung sehr konkret und physisch vor Augen, wie wir kürzlich im Bibelvers 25/2024 gesehen haben. Eine körperlose Ewigkeit mag er sich gar nicht vorstellen. 

In der Folge haben die Christen den Glauben an die Auferstehung der Toten zum Kernbestand erklärt. Er ist Teil beider großer Glaubensbekenntnisse. Aber es überrascht mich sehr, wie vollständig Paulus den Wert seines Glaubens an die Auferstehung knüpft. Wenn es keine Auferstehung gäbe — wäre denn das alles wirklich nichts wert? Gott kennen und lieben, seinen Schutz und seine Kraft spüren, ihm in seinem Sohn begegnen, mit Gott sprechen können, Gottes Vision einer heilen Welt sehen? Seinen heiligen Namen preisen? 

Anders herum: wie wichtig ist denn meine ewige Fortexistenz — wie wichtig bin ich? Sind Gott und die Welt nichts, wenn ich darin kein Beobachter bin? 

Wie wird der Herr dasjenige, was meine Persönlichkeit und mein Leben ausmacht, in eine Welt nach meinem Tode einbringen? Ich will und muss das ihm überlassen, vertrauensvoll, denn meine Vorstellungskraft versagt. Ich glaube fest daran, dass der Tod nicht alles wertlos macht. Und dass, was wir sind und tun, aufbewahrt bleibt in Gott, der uns liebt.

Der Herr bewahre uns vor Angst und Nihilismus und schenke uns Freude an ihm und dieser Welt!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 16/2021

Darum, welcher mit Zungen redet, der bete also, dass er’s auch auslege.
1.Ko 14,13

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Vom Zungenreden

Im 14. Abschnitt des ersten Korintherbriefs spricht Paulus über verschiedene Formen der Sprache zu Gott, vor allem über Zungenreden, auch Glossolalie genannt. Im Neuen Testament ist verschiedentlich die Rede davon, auch in der Apostelgeschichte und bei Markus. Es handelt sich um eins von mehreren sogenannten Charismen, Gaben des Heiligen Geistes. Darunter fällt auch das prophetische Reden, die Fähigkeit, die Offenbarung zu verstehen und weiterzugeben, das Heilen und — die Liebe.

Der Zungenredner ist vom heiligen Geist erfüllt und betet in Sprachen, die den Umstehenden unverständlich sind, ebenso wie meist auch ihm selbst. Der Geist spricht alle Sprachen der Menschen und keine, und der Geisterfüllte tut es ebenso. Paulus verfügt selbst über diese Gabe, aber er betrachtet sie mit Vorsicht und wendet sich gegen ihre Überbewertung. Im Gemeindekontext komme es darauf an, dass Menschen mit ihrer Frömmigkeit und ihrem Beten andere mitnehmen. Wenn ihre Sprache unverständlich ist, ist dies unmöglich. In unserem Vers sagt er deshalb, fast ein wenig ironisch, dass derjenige, der in Zungen zu reden vermag, darum beten möge, dass er die Rede auch auslegen könne. Das Auslegen von Zungenrede galt übrigens als ein Charisma eigener Art. 

Paulus spitzt seine Reserven wie folgt zu (1.Ko 14,19):

Ich danke Gott, dass ich mehr in Zungen rede als ihr alle. Aber ich will in der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit meinem Verstand, damit ich auch andere unterweise, als zehntausend Worte in Zungen.

In den großen Kirchen wird über Zungenreden nicht viel gesprochen — nicht nur wegen der Vorbehalte von Paulus, sondern auch wegen der Missbrauchsmöglichkeiten. Glossolalie aber gab es nicht nur bei den ersten Christen, sie hat auch heute noch große Bedeutung in Kirchen und Gemeinden der Pfingstbewegung. In solchen Gemeinden ist sie wesentliches Zeichen einer erfolgten Geistestaufe.

Glossolalie gilt als religionsübergreifendes Phänomen, sie kommt in vielen Religionen und Kulturen vor. Ich selbst habe keine Erfahrung, die ich hier weitergeben könnte. Oder doch? In Gottesdiensten ist das Singen der Gemeinde wegen des Ansteckungsrisikos nach wie vor unmöglich. Vielerorts übernehmen ein oder zwei Sänger stellvertretend den Gesang der Gemeinde. So auch in meiner Gemeinde: gemeinsam mit einer Sopranistin und Instrumentalisten stehe ich sonntags vorn und singe für die Gemeinde im Gottesdienst. Vier Lieder sind es meistens. Und gelegentlich geschieht es, dass mich dies verwandelt. Nicht so sehr bei zeitgenössischen Liedern mit modernen Texten. Singe ich Musik meiner Zeit, bleibe ich ich selbst.

Es geschieht bei den großen alten Chorälen. Wenn ich vor der Gemeinde stehe und „Lobet den Herren“ oder „Schönster Herr Jesus“ für alle singe, bin ich nicht mehr der Ulf des Alltags. Jemand oder etwas anderes spricht aus mir, aus einer anderen Zeit und in einer Sprache, die nicht die meine ist. Ich selbst trete zurück und bin erfüllt. Singen ist eine besondere religiöse Sprache, die Musik geht über den Inhalt des Texts hinaus. Bei Wikipedia steht zu lesen, dass die Aktivitätsmuster im Gehirn bei Glossolalie und beim Singen von Spirituals dieselben sind. Das verstehe ich gut. Und Paulus‘ Vorbehalt greift hier nicht: Der Singende teilt seine Erfahrung und seine Botschaft mit, die Sprache der Musik wird unmittelbar verstanden. 

Für diese Woche wünsche ich uns ein Lied!
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 31/2020

Ein Weib ist gebunden durch das Gesetz, solange ihr Mann lebt; so aber ihr Mann entschläft, ist sie frei, zu heiraten, wen sie will, nur, dass es im Herrn geschehe.
1 Kor 7,39

Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.

Ehe, Welt und Reich Gottes

Als Paulus seinen ersten Brief an die von ihm selbst gegründete Gemeinde in Korinth schrieb, lag der Tod Jesu etwa 25 Jahre zurück. Der Schock dieses Todes, das ungläubige Staunen nach der Auferstehung und die Euphorie des Neubeginns im Heiligen Geist hatten die Anhänger Jesu damals buchstäblich aus der Zeit genommen. Das muss wunderbar gewesen sein: im Heiligen Geist leben und gemeinsam das Reich Gottes erwarten, das nun jeden Augenblick hereinbrechen musste! Die Institutionen der Welt — Ehe, Geld, Gesetze, Steuern und auch das komplexe Geflecht der jüdischen religiösen Regeln — sie bestanden noch, aber im Kern waren sie unwichtig.  

Wider Erwarten aber blieb die Welt. Paulus beginnt seine Missionsreisen in die griechische Welt, gründet Gemeinden und sorgt sich um ihren Bestand, er sucht nach Regeln für das Leben der Menschen miteinander und mit Gott. Der Korintherbrief atmet eine doppelte Verankerung: Paulus und seine Zeitgenossen leben für das Reich Gottes, das sie weiterhin für die nahe Zukunft erwarten, aber eben doch auch in der Welt. 

In gezogenen Abschnitt geht es um die Ehe. Im und für das Reich Gottes ist sie ohne Bedeutung, aber in der Welt ordnet sie vielfältige Forderungen: Sexuelle Anziehung und Bedürfnisse sind eins, der biologische Fortbestand das andere, Versorgung in Alter und Krankheit das dritte. Wenn es die Ehe nicht gäbe, man müsste sie erfinden. Heute gibt es die Ehe für alle. Sie scheint selbst das Verblassen der Unterschiede von Mann und Frau zu überleben.

Mit Blick auf das Reich Gottes gibt es einen latenten Konflikt: „Wer ledig ist, der sorgt sich um die Sache des Herrn, wie er dem Herrn gefalle, wer aber verheiratet ist, der sorgt sich um die Dinge der Welt, wie er der Frau gefalle, und so ist er geteilten Herzens“ (1. Kor 7,32b-34a). Das ist die Begründung für den Zölibat in der römisch-katholischen Kirche.

Ehelosigkeit ist ein guter Weg für den, der ihn zu gehen vermag, sagt Paulus. Aber Ehelosigkeit ist nicht für jeden richtig. Die Heiligkeit und die Integrität des Leibs und damit auch der eigenen Persönlichkeit gilt es zu bewahren: wer in Verlangen brennt, soll heiraten und kann dies im Wissen tun, auch so Gottes Willen zu erfüllen. Das eheliche Zusammenleben ist der Sünde enthoben. 

Es sind häßliche Bilder, die ihm vor Augen stehen, das macht der vorangehende Abschnitt deutlich. Seine Präferenz für einfache und reine Lösungen nimmt er zurück. Statt dessen setzt er Regeln. Sie sind symmetrisch. Im Judentum durfte der Mann sich von seiner Frau scheiden lassen, die Frau hingegen war an ihren Mann gebunden. In Nachfolge Jesu verlangt Paulus von beiden gleichermaßen, einander die Treue zu bewahren, die bestehende Ehe ist heilig.  Wenn hingegen keine Ehe besteht, oder sie mit dem Tode eines der Partner erloschen ist, empfiehlt Paulus Ehelosigkeit als die Lebensform, die besser auf das Reich Gottes vorbereiten kann. Er selbst ist ehelos und wirbt dafür. 

Unser Vers spricht von der Bindung einer Frau an ihren Mann und davon, dass der Tod diese Bindung löst. Wie will sie den weiteren Lebensweg gestalten? Sie ist frei, sich wieder zu verheiraten. Die Situationen, in denen diese Entscheidung getroffen werden muss, sind vielfältig wie das Leben. Paulus hat eine Präferenz: „Seliger ist sie aber, nach meiner Meinung, wenn sie unverheiratet bleibt“. Aber das bleibt eine allgemeine Tendenz; entscheidend ist, dass sie den Weg geht, der ihre Integrität wahrt.

Hier, wie im ganzen Abschnitt, herrscht eine auffällige Unbestimmtheit. Die Gemeinde selbst hatte um Rat in der Sache gebeten (1. Kor 7,1) und Paulus muss viele Gesichtspunkte im Blick behalten. Die widerstreitenden idealtypischen Forderungen, die Welt und Reich Gottes stellen, schaffen einen Freiraum. Mehrere Wege können richtig sein, und es hängt ganz davon ab, wer unterwegs ist.

Mit seiner Antwort hat Paulus die Lebensfähigkeit seiner Gemeinde im Blick, auch die langfristige, und die Gangbarkeit der Lebenswege ihrer Mitglieder. Sie hatte eben schon begonnen, die Zeit, in der Christen zugleich in der Welt und für das Reich Gottes leben. Mit nur einem Leib und einer Seele: Avatare gab es noch nicht… 

Eine gesegnete Woche wünsche ich uns, mit unseren Eheleuten oder ohne sie,
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 19/2020

Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weltweisen? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht?
1 Kor 1,20

Hier ist ein Link zum Kontext in der Lutherbibel 2017.

Weisheit und Torheit

Paulus hat ein Problem. Seine Botschaft richtet sich an Juden und auch an die griechisch akkulturierten Heiden. Für die Juden entspricht Jesus mit seinem Kreuzestod überhaupt nicht dem Bild des strahlenden Messias, der das Königtum wieder aufrichtet und ein Reich Gottes unter der Herrschaft Israels begründet. Die Griechen wiederum hatten sich um die Zeitenwende von ihrer polytheistischen Götterwelt im Grunde verabschiedet, sahen sie nur mehr als Gleichnis. Was Paulus mit „Weisheit“ bezeichnet, ist konkret die stoizistisch geprägte griechische Philosophie seiner Gegenwart.

Und die war messerscharf und anti-transzendent. Das Leben ist Leiden, das Gewordene ist zum Vergehen bestimmt, und nicht die Götter helfen, sondern eine Schau auf das Leben und die eigene Person, deine Schau, die sich von den Bedingtheiten des Lebens löst. Das Leiden überwindet, wer lernt, es zu ertragen. Die Botschaft vom rettenden Gott, der die Waagschalen der Welt ins Gleichgewicht zurückführt, der das große Sühneopfer in Gestalt seines Sohns selbst bringt — sie war für die Philosophen irrelevant, irreführend oder sogar Opium fürs Volk. 

Paulus kann diese Position nicht widerlegen, obwohl er es durchaus einmal versucht (siehe Apg 17,16ff). Sie ist konsistent, auch heute noch. Die christliche Botschaft erfordert einen Akt des Glaubens, einen geistigen Sprung ins Leere, und ist so gesehen „unvernünftig“. Die rhetorischen Fragen im Vers bereiten Paulus‘ Antwort vor:  

Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit, wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.
(1 Kor 1, 22-25)

In der ganzen Bibel gibt es eine konsequente Tendenz, weltliche Werte umzuwerten und das Unterste zuoberst zu kehren. Vor einem halben Jahr hatten wir einen Bibelvers der Woche aus Kohelet, siehe den Link:

Ich sah Knechte auf Rossen und Fürsten zu Fuß gehen wie Knechte.
Koh 10,7 (BdW 2019 / 38)

Paulus schreibt, dass Gott sich auf eine ganz eigene und unverkennbar „gott“hafte Weise empirisch manifestiert: es ist das Kleine, das mit Gott das Große überschattet, das Schwache, dass mit Gott sich durchsetzt und das Starke überwuchert. Das genaue Gegenteil also des Erwartbaren. Das nimmt eine Kernströmung im Tanach auf und es macht Kreuzestod und Auferstehung unmittelbar plausibel. Den Philosophen sagt er, dass Gott und seine Liebe größer sind als die menschliche Vernunft (Phi 4,7), dass Gott zu groß ist, um sich berechnen zu lassen.

Die rhetorischen Fragen im Vers kann man sich in Ruhe selbst stellen. Man wird dann schnell bescheiden. Wo das Fassungsvermögen nicht ausreicht für das, worauf es ankommt, schlägt Weisheit in Torheit um, und — vielleicht! Das ist die Hoffnung! — umgekehrt. 

Das ist ein Geheimnis ganz eigener Art, und ich wünsche uns in dieser Woche von beidem, Weisheit und Torheit, die rechte Mischung.
Ulf von Kalckreuth

Bibelvers der Woche 42/2018

Denn ihr seid teuer erkauft; darum so preist Gott an eurem Leibe und in eurem Geiste, welche sind Gottes.
1 Kor 6,20

Hier ist ein Link für den Kontext, zur Übersetzung von 2017.

Von der Heiligkeit unseres Leibs

Gottes Schöpfung und Christi Tod machen uns wertvoll vor Gott, darum sollen wir uns, unseren Leib und unseren Geist, schützen und heilig halten, sie gar zu unserem Lobpreis machen. Im Vers scheint eine zentrale Stelle des Alten Testaments auf: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr, euer Gott! (3. Mose 19, 2b).  Achtlosigkeit uns selbst gegenüber ist verfehlt, stattdessen haben wir allen Grund zu Achtsamkeit — Achtsamkeit, diese moderne und doch alte Vokabel. 

Darüber hinaus aber steht der Vers in einem Kontext. Paulus spricht in den Abschnitten rund um den Vers von diversen Aspekten des „Lebens eines Christenmenschen“, und speziell von der „Hurerei“. Mit dem griechischen „porneia“ sind alle Formen sexuellen Fehlverhaltens gemeint. Aber was genau wird abgelehnt? Zu Beginn des Abschnitts werden einige Aspekte aufgezählt: „Unzucht“, Ehebruch, Homosexualität. Insgesamt handelte es sich wohl um alle Formen freiwilliger Sexualität außerhalb der Ehe — soweit sie denn nicht selbst zur Ehe führen: Hatten zwei junge Menschen sexuellen Umgang miteinander und heirateten dann, so galt dies im Nachhinein nicht als „porneia“.

Der uns so geläufige konsensuale sexuelle Umgang miteinander vor und außerhalb der Ehe verbot sich seinerzeit von selbst: Für Frauen bedeutete es den Verzicht auf Ehe und damit auf elementare soziale Absicherung. Für Mann und Frau also Verantwortungslosigkeit pur. Das mag auch beitragen, die große Bedeutung von Homosexualität in der griechischen Kultur zu erklären. 

Und heute? Was gibt uns der Vers mit seinem Kontext? Man kann sich entschließen, die Sexualmoral der Paulusbriefe wörtlich als Forderung an die heutige Zeit zu verstehen. Dann bleibt Sexualität legitim nur in der Ehe zwischen Mann und Frau, die im Übrigen unauflöslich ist. Das ist die Sicht vieler Christen, katholischen wie evangelischen, dort verstärkt aus dem freikirchlichen Bereich. Ein kurzer Streifzug im Internet ist sehr aufschlussreich.

Aber ist es so einfach? Und sind wirklich alle Formen des ehelichen Zusammenlebens gut? Man kann auch die Worte von Paulus im ersten Schritt auf die kontemporären Sitten im griechisch geprägten Kulturraum und deren gesellschaftliche Voraussetzungen beziehen. Aber was ist dann der zweite Schritt, was soll — im Lichte dieser Worte — heute gelten? 

Der Vers gibt uns eine wunderbare Richtschnur in die Hand, die zugleich abstrakt und ungeheuer trennscharf ist und fordernd: wir sind teuer erkauft, darum sollen wir den Herrn preisen mit Geist und Körper… 

Weisheit liegt im Unterscheidungsvermögen, an diesem möge es uns nicht fehlen in dieser Woche!
Ulf von Kalckreuth