…es sagt der Hörer göttlicher Rede, der des Allmächtigen Offenbarung sieht, dem die Augen geöffnet werden, wenn er niederkniet:…
Num 24,4
Hier ist ein Link für den Kontext des Verses, zur Lutherbibel 1984.
Segen und Fluch
Hier zunächst einmal der ummittelbare Kontext, damit wir einen vollständigen Satz vor uns haben. Der Satz hat es in sich (Num 24, 2b-6):
Und der Geist Gottes kam auf ihn und er hob an mit seinem Spruch und sprach: Es sagt Bileam, der Sohn Beors, es sagt der Mann, dem die Augen geöffnet sind; es sagt der Hörer göttlicher Rede, der des Allmächtigen Offenbarung sieht, dem die Augen geöffnet werden, wenn er niederkniet:
Wie fein sind deine Zelte, Jakob, und deine Wohnungen, Israel!
Wie die Täler, die sich ausbreiten,
wie die Gärten an den Wassern,
wie die Aloebäume, die der HERR pflanzt,
wie die Zedern an den Wassern.
Kein Israelit ist es, der da spricht und segnet. Bileam ist Moabiter, Angehöriger eines mit Israel verfeindeten Volks. Dennoch ist er mächtiger Prophet des Herrn. Unser Vers charakterisiert ihn: der Mann, dem die Augen geöffnet sind; der Hörer göttlicher Rede, der des Allmächtigen Offenbarung sieht, dem die Augen geöffnet werden, wenn er niederkniet.
Ich will eine recht lange Geschichte kurz erzählen. Balak, König der Moabiter, sieht sich einer tödlichen Bedrohung gegenüber. Die zwölf Stämme Israels sind in sein Land eingefallen, zahlenmäßig und militärisch weit überlegen. Er ruft Bileam, den moabitischen Propheten des Herrn. Bileam soll die Israeliten verfluchen und damit entscheidend schwächen, wünscht sich Balak. Vielleicht kann er sie dann schlagen. Wen Bileam segnet, der ist gesegnet, wem er flucht, der ist verflucht, so sagt es der König.
Gott lässt das nicht zu. Der Prophet will den Willen des Herrn zu tun, und dieser will Segen für Israel. Am Ende dreier Versuche Balaks, den Fluch doch noch zu realisieren, verbunden jeweils mit groß angelegten Opfergaben, segnet Bileam das Volk Israel feierlich. Balak steht ohnmächtig daneben.
Mir springt in dieser Geschichte Bileam ins Auge. Obwohl von einem Menschen gesprochen, haben sein Segen und Fluch eigenständige Kraft, so wie der Segen, der Isaak irrtümlich dem Jakob zuspricht. Der Wille des Herrn ist dem Bileam unmittelbar zugänglich. So sagt es unser Vers. Wie mag Bileam sich gefühlt haben, als er mit diesen Worten von sich selbst sprach? Gott macht die Kraft, die er Bileam gab, nicht wirkungslos. Er bringt er seinen Propheten dazu, sie zum Segen Israels einzusetzen.
Die Geschichte enthält vielleicht die Erinnerung an eine Zeit, als Gott der Herr nicht selbstverständlich Gott Israels war. Balak, der Moabiterkönig, sucht mit einem Opfer die Hilfe des Herrn gegen die Isrealiten. Allein das schon ist auffällig. Und Bileam kann den erbetenen Fluch nicht aussprechen, weil er den Willen Gottes tun will. Zuvor hatte Mose Gott den Herrn bei den Midianitern kennengelernt, am Berg Horeb, wo sein Schwiegervater Priester war.
Bileam ist Moabiter, aber dennoch erinnert mich seine Beziehung zu Gott einige Momente lang an die von Moses. Gott tut was er will und sucht sich dazu, wen er will. Bileams Ende ist tragisch. Er, der zu jedem Zeitpunkt den Willen des Herrn tun wollte, wird beim Genozid an den Midianitern getötet (Num 31,8), Zum Genozid siehe BdW 18/2024 und die Verweise dort).
Bileams Segensworte haben im Judentum große Bedeutung. Mit ihrem Beginn setzt das Ma tovu, ein, eines der großen Gebete im Judentum. Das Ma tovu ist Lobpreis und drückt Ehrfurcht aus vor den Stätten der Anbetung. Hier ist die Vertonung durch Paul Wilbur mit einer bekannten Melodie.
Am 4. August ist Israelsonntag. In diesem Blog steht am Ende jeder Betrachtung eine Bitte um Segen. Dieses Mal gilt sie dem jüdischen Volk, etwas anderes kann ich gar nicht aufschreiben… Der Herr sei mit seinem Volk und geleite es sicher durch eine dunkle Zeit!
Ulf von Kalckreuth